Baku bahuvidha ksipra nihsrta nukta dhruvanam setaranam (16)
Sinneswissen erkennt zwölf grundlegende Eigenschaften der wahrgenommenen Objekte oder Ereignisse:
- - viele (bahu),
- - wenig (eine Mengeneinheit) (eka),
- - viele Arten (bahuvidha),
- - wenig Arten (eine Art) (ekavidha),
- - schnell (ksipra),
- - langsam (aksipra),
- - teilweise (anihsrita),
- - vollständig (nihsrita),
- - nur indirekt zu erkennen (anukta),
- - sofort zu erkennen (ukta),
- - stetig, permanent (dhruva),
- - flüchtig (adhruva). (16)
Der Text des Sutra führt nur sechs Eigenschaften auf, schließt aber auch deren Gegensätze mit ein. Daraus ergeben sich zwölf verschiedene Eigenschaften.
- 'Viele' oder 'mehr' (bahu)
eine große Anzahl der gleichen Art oder eine große Menge der gleichen Sache.
- 'wenig' oder 'ein Stück' oder 'eine Mengeneinheit' (eka)
(das Gegenteil von 'Viele'). 'Eine Mengeneinheit' wird dabei nicht nur als ein einzelnes Stück verstanden, sondern auch als zählbar.
- 'viele Arten' (bahuvidha)
eine große Anzahl verschiedener Arten; z.B. das Warenangebot eines Marktes. - 'wenig Arten' oder 'eine Art' (ekavidha)
z.B. eine Herde von Schafen. Auch dies wird nicht nur als 'eine Art' verstanden, sondern auch als zählbar.
- 'schnell' (ksipra)
die Wahrnehmung eines schnellen Ablaufs. - 'langsam' (aksipra)
die Wahrnehmung eines langsamen Ablaufs. - ' teilweise' (anihsrita)
wir nehmen nur einen Teil eines Objektes oder Ablaufs wahr, der Rest bleibt verborgen; z.B. das Schicksal eines Menschen, der kurz in unser Leben tritt, dann aber wieder fortgeht. - 'Vollständig' (nihsrita)
wir nehmen ein Objekt als Ganzes wahr; z.B. ein Glas, das auf dem Tisch liegt. - 'nur indirekt zu erkennen' (anukta)
wir erkennen ein (neues) Objekt oder einen Ablauf, der uns zuvor nicht beschrieben wurde und der auch nicht so gekennzeichnet ist, daß wir ihn direkt identifizieren könnten. Die Eigenschaften des wahrgenommenen Objektes sind nur indirekt durch Folgerung zu bestimmen.
BEISPIEL:
Ein Mann steht an einer Bushaltestelle. Obwohl er kein Zeichen gibt, nimmt der Busfahrer an, daß er mitfahren möchte. - 'sofort zu erkennen' (ukta)
Wir nehmen ein (neues) Objekt oder einen Ablauf wahr. Da uns das Objekt zuvor beschrieben wurde, oder deutlich gekennzeichnet ist, können wir es sofort identifizieren.
BEISPIEL:
Wir sehen ein Gebäude, dessen Beschreibung wir zuvor in einem Buch gelesen haben. - 'stetig' oder 'permanent' (dhruva)
das fortdauernde und vollständige Erkennen eines Objektes wie es wirklich ist.
BEISPIEL:
Wahrnehmung, die in einem Bewußtsein entsteht, dessen Gedankenaktivität nicht (mehr) von Irrtum gekennzeichnet ist, ist vom ersten Augenblick an vollständig und verändert sich auch später nicht mehr. Diese Art der Wahrnehmung wird 'stetige Wahrnehmung' (druva avagraha) genannt.
- 'flüchtig' (adhruva)
das Erkennen eines Objektes ist nicht vollständig und daher Veränderungen unterworfen, bzw. dauert in dieser Form nicht an.
BEISPIEL:
Wahrnehmung, die in einem Bewußtsein entsteht, dessen Gedankenaktivität von einer Mischung aus Irrtum und wahrem Wissen gekennzeichnet ist, erkennt manchmal mehr, manchmal weniger von der Realität. Diese Art der Wahrnehmung wird 'flüchtige Wahrnehmung' (adhruva avagraha) genannt.