Meditation - vorausgesetzt, sie wird über einen längeren Zeitraum fortlaufend und beständig praktiziert - ist ein wertvolles Instrument zur Veränderung der menschlichen Natur und der zwischenmenschlichen Beziehungen. Hinsichtlich der zwischenmenschlichen Beziehungen besteht anfangs zwischen denen, die meditieren, und denen, die es nicht tun, kein Unterschied. Sobald es jedoch dem Meditator gelungen ist, auf seine Natur einzuwirken, wird der Unterschied manifest. Wer in der Wahrnehmungsmeditation die Zentren des Bewusstseins aktiviert und das Bewusstsein in jedem Partikel seines Körpers direkt erfährt, kann nicht anders, als alle Ereignisse im eigenen Leben als gleichwertig zu akzeptieren. Diese Einstellung ist die Grundlage einer umfassenden Verhaltensänderung und leitet eine Neugestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen ein.
Verhalten auf der Grundlage, alle Ereignisse im eigenen Leben als gleichwertig zu akzeptieren, ist die höchste Form des Verhaltens. Das versüßt die Beziehungen zu anderen Menschen. Widersprüchlichkeit, Strenge und Härte erzeugen Bitterkeit und verderben die sozialen und zwischenmenschlichen Beziehungen. Einige Eltern gestalten die Beziehungen zu ihren Kindern unter dem Aspekt der Vetternwirtschaft. Das stört die Harmonie in der Familie und erzeugt Spannungen. Wer nicht begünstigt wird, revoltiert. Auflehnung ist eine natürliche Reaktion auf Ungerechtigkeit. Nur die Fügsamen lehnen sich nicht auf. Doch wer ungerecht behandelt wird, muss sich auflehnen, sobald ihm die Ungerechtigkeit bewusst wird. Ungleiche Behandlung ist eines der größten aktuellen Probleme und verhindert Kooperation und ein harmonisches Zusammenleben.
Strenge ist eine weitere Ursache für Meinungsverschiedenheiten. Wir benehmen uns nicht generell höflich denen gegenüber, die wir als niedriger gestellt ansehen, obwohl wir höflich zu unseren Vorgesetzten sein müssen. Das ist allgemein üblich. Der Herr empfindet es als würdelos, den Knechten gegenüber höflich zu sein. Andererseits findet er es gediegen, seinesgleichen höflich zu behandeln. Das erzeugt Bitterkeit im Geben und Nehmen der persönlichen und sozialen Belange.
Ein Betriebsleiter nimmt den Arbeitern gegenüber immer eine strenge Haltung ein. Er fühlt sich den Anforderungen seiner Position ohne eine gewisse Strenge im Auftreten nicht gewachsen. Diese Haltung hat die Gesellschaft in zwei Lager gespalten. Wir sind nicht bereit einzuräumen, dass Höflichkeit, Freundlichkeit und Liebenswürdigkeit die sozialen Beziehungen entspannt und Vertrauen schafft. Selbst Pflanzen gedeihen besser, wenn wir ihnen mit Achtung und Respekt begegnen.
Bescheidenheit und Sanftmut üben einen magischen Einfluss auf jeden aus. Kühe geben mehr Milch, Pflanzen produzieren mehr Blüten und Ranken. Eine Dame machte einmal ein interessantes Experiment. Sie säte einige Samen aus, die zu keimen begannen. Eine Ranke in der Nähe überwucherte die Keimlinge mit dem Ergebnis, dass diese nicht weiter wuchsen. Die Dame ermahnte die Ranke sanft, dass sie sich gezwungen sähe, sie zu beschneiden, wenn sie weiterhin die Keimlinge am Wachstum stört. Schließlich tat sie das und schlug der Ranke vor, in eine andere Richtung zu wachsen. Nach einigen Tagen wuchs die Ranke tatsächlich in eine andere Richtung. Wenn sogar Pflanzen empfänglich für einen höflichen Rat sind, warum sollte der Mensch nicht darauf reagieren? Leider glauben wir, dass wir ohne eine gewisse Strenge nichts regeln können. Wir behandeln andere bestenfalls wie Fremde, meistens wie Feinde.
Wenn wir meditieren, reinigen wir uns von dem Negativen, das sich in unserem Geist angesammelt hat. Wir waschen unsere Kleidung, um sie von Schmutz und Staub zu reinigen, doch leider sind wir uns der Verunreinigungen in unserem Geist nicht bewusst. Wir denken einfach nicht daran sie zu beseitigen. Die menschliche Natur und die sozialen Beziehungen werden sich nie ändern, wenn wir uns nicht von unseren mentalen Verunreinigungen befreien. Reinheit des Geistes und des Herzens sind Grundpfeiler der spirituellen Praxis.
Wir verunreinigen unser Herz durch den Kontakt mit den Sinnesobjekten. Sinnesobjekte vermitteln uns vergänglichen, keinen dauerhaften Genuss. Doch wir missverstehen das daraus gezogene Vergnügen als unvergänglich. Diese Einstellung hält uns unwissend und führt dazu, dass wir uns an die Sinnesobjekte binden. Selbst wenn wir einen Knopf verlieren, macht uns das traurig. Wir sind schlecht darauf vorbereitet, uns von unseren materiellen Besitztümern zu trennen. Wenn wir ein Kristallglas zerbrechen, raubt uns das den Schlaf. Wir nehmen es als gegeben an, dass unsere materiellen Besitztümer uns bis ans Ende unseres Lebens begleiten. Diese Einstellung verunreinigt unsere Herzen.
Wir identifizieren uns mit unserer Familie, doch diese falsche Identifikation dauert nur solange, wie wir unsere Familie ernähren müssen. Sobald wir sie nicht mehr ernähren müssen, sehen uns die Mitglieder unserer Familie zu unserer Empörung in einem anderen Licht. Das macht uns dann unglücklich. Unglücklichsein ist wie eine Verunreinigung des Geistes. Deshalb sollten wir den Mut aufbringen zu denken, dass es keine Identität zwischen uns und unserer Familie geben kann, denn der Mensch ist ein Individuum und kein Gruppen- oder Kollektivwesen. Familienbande sind zeitlich begrenzt und vergänglich. Wer diese Wahrheit realisiert, gibt ihnen ein solides Fundament.
Wir sollten Anyatva Anupreksha praktizieren, damit wir unsere Herzen rein halten können:
- Kontemplation über unsere unabhängige Identität
- Kontemplation über unsere Identität mit dem Selbst
- Kontemplation über die vergängliche Natur der Dinge
Anyatva Anupreksha bedeutet, dass die Seele und der Körper zwei getrennte Einheiten sind. Unreinheit des Herzens ist auch ein Ergebnis der Ignoranz gegenüber unserem Körper. Diese Ignoranz ist die Grundlage aller falschen Annahmen. Wenn wir durch Anyatva Kontemplation gereift sind, gewinnen wir unserem Körper gegenüber eine korrekte Einstellung. Die Sinnesobjekte beeinträchtigen unsere Einstellung zum Selbst nicht mehr und dienen uns nicht mehr dazu, das Selbst aus unserem Bewusstein zu verdrängen.
Ekatva Anupreksha befreit uns von unserer Ignoranz über soziale Beziehungen. Anitva Anupreksha von unserer Nachlässigkeit im Umgang mit den Sinnesobjekten. Mit all diesen Kontemplationen beseitigen wir die Unreinheiten in unserer Herzen.
Im Hinblick auf Meditation gibt es ein Missverständnis. Viele Menschen nehmen an, dass man durch Meditieren fliegen kann. Wenn wir darauf in der Meditation abzielen, hat sie keine spirituelle Wirkung. Artisten unterhalten ihre Zuschauer, aber sind keine spirituellen Meister.
Es gibt 3 Arten von Siddhi:
- Solche, mit denen wir unsere materiellen Umstände meistern
- Solche, von denen wir die für die Meditation nötige Energie beziehen und die uns zu übersinnlichen Wahrnehmungen befähigen
- Solche, die uns dabei unterstützen, unser Sein zu verändern und uns von den Bindungen an Wünsche und Begierden befreien
Natürliche Fähigkeiten wie fliegen, den Körper leicht oder schwer machen, über Wasser laufen, in der Luft schweben, etc. können durch Kenntnisse der Naturgesetze realisiert werden. Allerdings bringen sie keinerlei spirituelle Transformation und sind in spiritueller Hinsicht unwirksam. Möglicherweise schaden wir uns selbst und anderen, wenn wir sie anwenden.
Die zweite Art von Siddhi zielt auf das Erwachen des Bewusstseins, das uns von unbestimmtem Wissen und Bücherweisheit zum reinem Wissen führt. Das reinigt den Geist, erweitert die Kenntnisse und vertieft die Erfahrung.
Die dritte Art von Siddhi zielt auf die Ausrottung der Wünsche und Begierden und reinigt das Herz. Die zweite und dritte Art von Siddhi sind große Errungenschaften. Wunderkräfte sind auch Errungenschaften, aber spirituell betrachtet sind sie von niederer Ordnung.