Geheimnisse des Geistes: Leitfaden für das Aufsteigen der Energie (2)

Veröffentlicht: 30.09.2012

Die Seele (Jiva) ist der Schöpfer des Körpers. Jeder Körper entspricht der Seele und entsteht in Übereinstimmung mit ihr. Ohne Seele gibt es keine Verkörperung. Sie liefert das körperliche und geistige Potential, Kapazität und Art der Atmung und bestimmt Anordnung und Eigenschaften aller materiellen Moleküle. Die Seele bindet die vorhandenen atomaren Materiepartikel an sich und gestaltet mit ihnen Körper, Sprache und Geist.

Es gibt zwei Kategorien von Körpern (Materie)

  • beseelt (Lebewesen)
  • unbeseelt (Materie)

Die Seele (Jiva) ist ein großer Schöpfer. Sie gestaltet Grobstoffliches aus Feinstofflichem. Jede organische Materie, die wir Menschen benutzen (Nahrung, Kleidung, Sitzgelegenheiten oder Betten....) ist eine Materialisation von Jiva.

Obgleich Jiva alle Prozesse in der Welt in Gang setzt, bleibt Jiva selbst hinter einem Schleier verborgen. Befürworter der Glaubenslehre, dass Gott die Welt erschaffen hat, sind auch der Auffassung, dass Gott hinter einem Schleier verborgen ist. Man kann den Begriff Gott durch den Begriff Jiva ersetzen. Beide Auffassungen kann man in der Aussage kombinieren, dass Jiva die Welt erschaffen hat und als Schöpfer ein Gott ist.

Die grundlegende Natur Jivas ist die Gleichzeitigkeit von Erkennen und Wissen. Der spirituelle Aspirant muss diesen Zustand des Jiva erreichen, der ihm bislang verborgen geblieben war. Um dorthin zu gelangen, benötigt er gewaltige Energie. Muskeln und Maschinen brauchen viel Energie, anderenfalls können wir keine Fortschritte machen. Sitzt man lange Zeit in einer bestimmten Haltung, braucht man dazu viel Energie. Für die spirituelle Praxis und lange Meditation gilt das auch.

Dabei stellt sich die Frage, wie man das Aufsteigen der Energie zustande bringt. Was ist der Leitfaden dafür?

Mit der Wahrnehmung des Atems ist der erste Schritt zum Aufsteigen der Energie getan. Wahrnehmung der Tiefenatmung ist eine wichtige Übung in diesem Zusammenhang. Dazu müssen wir zuerst die Natur des Atems verstehen. Atmen ist ein sehr tief verwurzelter Prozess, beschäftigen wir uns mit seinen Grundlagen.

Der Atem ist verbunden mit Prana, der Grundlage des Lebens. Prana ist verknüpft mit Paryapti, dem feinstofflichen Prana, das mit dem Karmakörper in Verbindung steht, welcher die Wurzel des Atems ist. Wenn die Seele nach Verlassen des einen Körpers in einen anderen eintritt, ist sie mit zwei Körpern verbunden, mit dem Taijasa- und dem Karmakörper. Sie reist mit diesen beiden von einem Körper zum anderen.

Vom Moment ihrer Geburt in einem neuen Körper wird sie vom Karmakörper unterstützt. Diese Unterstützung wird als Oja Ahara, Aufnehmen neuer Energie, bezeichnet. Sobald die im Körper angesammelte Energie verbraucht ist, stirbt der Körper. Ohne Energie können wir nicht leben, ohne Energie kann auch kein Prana aufgenommen werden. Die Lebensenergie erhält den Körper am Leben.

Die neugeborene Seele akkumuliert vom Moment ihrer Geburt an die gesamte für die Dauer des Lebens benötigte Energie. Die gesamte Entwicklung des grobstofflichen Körpers, des Nervensystems, der Drüsen und des Nervengeflechtes sind keine originären Substanzen, sondern werden aus sekundären Substanzen gewonnen, deren Essenz im Karmakörper liegt. Der grobstoffliche Körper ist Träger des gesamten Potentials des Karmakörpers, sowohl seiner Energie, als auch seines Bewusstseins.

Beschränkt sich das Potential des Karmakörpers auf ein Sinnesorgan, entwickelt der grobstoffliche Körper nur einen Sinn, den Tast- und Fühlsinn. Seine physische Struktur stellt die weiteren vier Sinne nicht bereit, die Sinnesorgane für das Sehen, Hören, Riechen und Schmecken werden nicht gebildet.

Enthält der Karmakörper das Potential für zwei der fünf Sinnesorgane, wird der grobstoffliche Körper eine entsprechende Anzahl von Sinnesorganen bilden. Wenn der Karmakörper das Potential für den Geist enthält, wird der grobstoffliche Körper ein Gehirn bilden, anderenfalls tut er das nicht. Tiere, die keinen Geist haben, haben weder eine Wirbelsäule, noch ein Gehirn.

Hat der grobstoffliche Körper eine Wirbelsäule und ein Gehirn, muss er auch einen Geist haben. Folglich haben Bildung und Entwicklung des grobstofflichen Körpers ihre Wurzeln im feinstofflichen Körper. Wir können den grobstofflichen Körper als Reflexion (Abbild) des feinstofflichen Körpers bezeichnen.

Physiologen haben die im menschlichen Körper vorhandenen Drüsen untersucht. Sind die Wachstumshormone der Schilddrüse nicht aufeinander abgestimmt, wird der Körper kleinwüchsig sein. Die gesamte Entwicklung von Körper, Gehirn und Geist bezüglich Schönheit, Größe, Gesundheit, Intelligenz und dergleichen hängt von den Drüsensekreten ab. Die Drüsen bestimmen Entwicklung oder Verfall des grobstofflichen Körpers.

Karma wird in 8 Kategorien unterteilt. Eine davon wird als Nama-Karma bezeichnet, das beispielsweise Größe und Gestalt des Körpers, den Klang der Stimme und vieles mehr gestaltet. Spirituelle Aspiranten haben während  tiefer Meditationen den Kontakt zum feinstofflichen Körper hergestellt und seine Subtilität untersucht. Wissenschaftlern ist das bisher noch nicht gelungen. Sie haben nur den grobstofflichen Körper untersucht und erläutert.

Eine vergleichende Studie über die Aussagen von Wissenschaftlern und spirituellen Aspiranten würde offenbaren, dass beide dasselbe sagen. Die spirituelle Ebene ist höher als die physiologische. Beobachtungen auf der spirituellen Ebene basieren auf Untersuchungen des Karmakörpers, während solche auf der physiologischen sich auf den grobstofflichen Körper beziehen, der eine Reflexion des Karmakörpers ist. Doch beide haben sich die gleiche Sprache zu eigen gemacht, ein Körper und seine Reflexion im Spiegel können nicht getrennt voneinander sein. Wissenschaftler haben die Reflexion erläutert, während in den Karma Shastras (Abhandlungen über Karma) der Ursprung der Reflexion erläutert wird. 

Physiologen sprechen von Drüsensekreten, in den Karma Shastras ist im gleichen Zusammenhang die Rede von der Sättigung der Flüssigkeiten (Rasa). Der feinstoffliche Körper produziert Sekrete mithilfe der Drüsen. Diese Drüsensekrete steuern alle Triebkräfte des lebenden Körpers. Wenn wir verstanden haben wie das vonstatten geht und wie sie arbeiten, können wir uns dem feinstofflichen Körper zuwenden.

Ziel der spirituellen Praxis ist das Eindringen in den feinstofflichen Körper, um die vom Karmakörper prozessierten Enzyme persönlich zu analysieren. Modifikation der Manifestationen der Seele aktiviert den Karmakörper. Der spirituelle Aspirant muss diese subtilen Transformationen der Seele verstehen lernen.

Nur der grob- und der feinstoffliche Körper können die Transformationen der Seele zustandebringen. Der Praktizierende muss die Substanzen verstehen lernen, die in der Lage sind sich selbst zu verändern, und auch die instrumentellen Ursachen, welche zur Reifung der Transformationen beitragen. Ebenso muss er verstehen lernen, welche Formen die Veränderungen annehmen können.

Geist und Seele transformieren sich unablässig.

  • Stehen die Transformationen mit den Zentren des reinen Bewusstseins in Verbindung und durchströmen diese, wirken sie glückverheißend.
  • Wenn sie aber zu den Zentren unterhalb des Bauchnabels tendieren, die mit unterdrücktem Verlangen zusammenhängen, werden sie unheilvoll.
  • In Bewusstseinszentren, welche mit Triebkräften wie Zorn, Stolz, Gier, Hunger, Angst, Sexualität, Betrug und Besitzstreben in Verbindung stehen, bewirken sie fatale Folgen.
Quellen
Englischer Titel:
The Mysteries Of Mind Redaktion:
Muni Mahendra Kumar Herausgeber:
Jain Vishva Bharati Ladnun, India 2. Edition: 2002 Übertragung ins Deutsche:
2006 Carla Geerdes
2012 Überarbeitete Fassung
Carla Geerdes

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  1. Jiva
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