Die geistigen Kräfte können durch kontinuierliches Training und andauernde Praxis entwickelt werden. Dazu muss man genau wissen, was man erreichen möchte. Mit seiner Willenskraft kann man Gutes oder Schlechtes bewirken. Jemand nahm sich einmal vor, eine Lampe nur durch Anwendung seiner Willenskraft auszuschalten, was ihm auch gelang. Spirituell sind derartige Spielchen völlig wertlos.
Ein Bettelmönch betrat einmal ein Haus und bat um Essen, doch die Hausfrau zeigte ihm nur die kalte Schulter. Der Bettelmönch ärgerte sich darüber sehr und verfluchte sie: „Mögest du zu Asche verbrennen!“ Die Hausfrau erwiderte kühl: „Ich bin eine harte Nuss für dich, denn ich bin eine Frau voller Hingabe, und dein Fluch wirkt bei mir nicht. Die geistigen Kräfte einer Frau voller Hingabe sind deinen weit überlegen.“
Ein Bogenschütze war für seine Treffsicherheit bekannt. Doch seine Fähigkeit stieg ihm zu Kopf und er brüstete sich damit vor einem Freund. Dieser riet ihm, seinen Lehrer aufzusuchen, was er auch tat. Der Lehrer stieg mit dem Bogenschützen auf einen Hügel. Oben angekommen, erhob sich ein Vogelschwarm in die Lüfte. Der Lehrer sagte zu dem Bogenschützen: „Ich will dir etwas zeigen.“ Er fixierte den Vogelschwarm so lange, bis alle Vögel des Schwarms tot zu Boden fielen. Er bediente sich der Methode der Animesh Preksha, in der man eine Zeitlang ohne zu blinzeln ein Objekt fixiert. Mit Animesh Preksha kann man Vögel zu Boden fallen lassen oder schwere Fahrzeuge anhalten.
Doch all das sind keine Beispiele für die Anwendung spiritueller Kräfte, sondern für die Entwicklung geistiger Kräfte. Auch der spirituelle Aspirant benutzt seine geistigen Kräfte, doch setzt er sie zu anderen Zwecken ein. Es handelt sich zwar jedes Mal um die Anwendung geistiger Kräfte, doch werden sie für unterschiedliche Ziele eingesetzt. Auf dem spirituellen Weg ist kein Platz für törichte oder zerstörerische Absichten.
Das Erwecken geistiger Fähigkeiten ist nicht schwer, doch muss man einiges beachten, damit es einem auch gelingt. Zuerst muss der Körper entspannt und der Geist stillgelegt werden, das nennt man Kayotsarga. Ohne die Entspannung des Körpers und die Stilllegung des Geistes kann man seine geistigen Energien nicht entwickeln. Im Zustand physischer Anspannung und mentaler Unruhe gelingt die Generierung der benötigten Energie nicht. Durch Entspannung des Körpers werden Emotionen und Impulse so gemeistert, dass mentale Energie freigesetzt und nicht verschwendet wird. Normalerweise verwenden wir unsere geistigen Energien für den ununterbrochenen Fluss der Gedanken. Das ist eine ungeheure Verschwendung. Unser Gehirn kommt nicht einen Moment lang zur Ruhe, nicht einmal im Schlaf.
Auch der Körper ist ständig in Bewegung. Wenn wir eine gewisse Zeitlang in einer bestimmten Position verharren, fängt der Körper an zu schmerzen, weil wir nicht daran gewöhnt sind. Es herrscht die irrige Auffassung vor, dass es keine geistige Entwicklung gibt, wenn Körper und Geist nicht aktiv sind, und nur beider Aktivität gibt uns Energie. Genau das Gegenteil ist wahr. Zusätzliche Energie kann nur durch Einsparung des Verbrauchs gespeichert werden. Deshalb ist es wichtig, den Energieverbrauch durch die verminderte Aktivität von Körper und Geist einzuschränken.
Das somatische und das vegetative oder autonome Nervensystem sind Bestandteile unseres Zentralnervensystems. Das somatische Nervensystem gebrauchen wir am häufigsten, das vegetative oder autonome am seltensten. Wenn wir die Aktivitäten unseres durch Gehirn und Wirbelsäule gesteuerten vegetativen Nervensystems einschränken, wird unser unbewusster Geist aktiver, und gesteigerte Aktivität des unbewussten Geistes generiert Energie. Mit fortschreitender Praxis wird die Aktivität des unbewussten Geistes zur Quelle unserer Energie.
Als nächstes konzentrieren wir uns auf unserem Atem. Sobald uns das gelingt, öffnen sich für uns neue Horizonte. Mit der Konzentration auf den Atem gelangen wir zur direkten Erfahrung einer neuen Realität, die wir vorher nicht kannten. Wir können das uns bekannte Raum-Zeit-Kontinuum transzendieren und selbst bestimmen, was wir erreichen möchten. Das ist ein hohes Ziel, angesichts dessen wir jedes Interesse an Banalitäten verlieren.