Sa asravah (2)
Dieser Kontakt verursacht das Einfließen von Karma (asrava) in ein Lebewesen (jiva). (2)
Die Aktivitäten des Körpers, der Sprachorgane und des Geistes (yoga) bringen ein Lebewesen (jiva) mit Karma in Kontakt. Dabei verbindet sich karmische Materie mit dem Lebewesen. Aktivität (yoga) stellt diese Verbindung zwischen Bewusstsein -jiva - und unbelebter karmischer Materie - ajiva - her.
Karma entsteht durch bestimmte Arten von Handlungen, die im weiteren Verlauf dieses Kapitels genauer beschrieben werden. Es ist als karmische Materie im interaktiven karmischen Feld, das jedes[3] Lebewesen (jiva) umgibt - seinem 'Karma-Körper' - eingelagert. Der größere Teil dieser karmischen Materie ist nicht aktiv, d.h. er befindet sich in einem latenten Zustand.[4]
Wie lange Karma latent bleibt und zu welchem Zeitpunkt es aktiviert wird bzw. sich manifestiert, hängt von der Art des gespeicherten Karmas ab. Dauer und Intensität der Manifestation wird dabei von der inneren Haltung des jiva bei der Aufnahme des Karmas bestimmt.
Die Aktivierung (Manifestation) latenten Karmas löst den aktivierten Teil der karmischen Materie auf. Aufgelöstes Karma kann den jiva nicht mehr beeinflussen.
Die Manifestation von Karma erfährt ein jiva als positiven oder negativen Einfluß auf sein Leben, - u.a. als Erfolg oder Nichterfolg seines Handelns, seiner Sprache (Mitteilungs- und Überzeugungsfähigkeit) und der Klarheit und Kraft seiner Gedanken.
Karma ist dabei nicht als Bürde zu verstehen, die abgearbeitet oder stoisch ertragen werden muß, nur um schließlich mit Erleichterung aufgelöst zu werden. Karma ist ein integraler Bestandteil des Lebens im Zustand der Verkörperungen. Es ermöglicht uns, diese Verkörperungen in all ihren Variationen zu erfahren. Auf dem Weg zu einem umfassenderen Zustand (moksa) bietet es uns Herausforderungen[5], die unsere Verantwortung für das eigene Handeln ausbilden und testen.
Die durch sich manifestierendes Karma verursachte Aktivität eines jiva löst für sich allein nicht automatisch eine erneute Bindung des jiva an weiteres Karma aus. Wenn ein jiva auf eine karmische Manifestation jedoch auf eine bestimmte emotionale Weise reagiert, nimmt er neues Karma auf, d.h. er bindet dann neues Karma an sich, das ihn beeinflussen wird.
Der Charakter der Bindung von Karma an einen jiva wird im nächsten Kapitel erläutert. Das vorliegende Kapitel erklärt, wie Bewusstsein mit Karma in Kontakt kommt, welche Komponenten diesen Kontakt beeinflussen und durch welche Handlungen und innere Einstellungen verhindert werden kann, dass der Kontakt mit Karma zu einer festeren Bindung an karmische Materie führt.
In allen Lebewesen außer in denen, die ihrer Befreiung sehr nahe sind, ist der inaktive (latente) Teil des Karmas größer als der aktive. Der Inhalt und Zweck latenten Karmas wird in Sutra 17 beschrieben.
Wie lange und wie intensiv wir uns mit den einzelnen Herausforderun¬gen beschäftigen, ist dabei letztendlich unsere eigene Entscheidung. Mit präzisem Wissen, der Bereitschaft, sich den Herausforderungen zu stellen und entsprechend bewusstem Handeln ist es möglich, die mit der Lösung einzelner Aufgaben verbrachte Zeit wesentlich zu verkürzen. Der karmische Mechanismus bietet dabei einen Spiegel unseres Fortschrittes und Reifezustandes wie er unbestechlicher nicht sein könnte.