Strukturveränderung durch Migration
Eine weitere Besonderheit, die sich im Laufe der Forschung herauskristallisierte, betrifft im Grunde alle Jaina-Diasporas und wurde bisher in akademischen Kreisen nicht thematisiert. Im fremdkulturellen Umfeld kommt es zu einer Strukturveränderung der Jaina-Gemeinschaft (Sangha). Wie bereits in Kapitel zwei erwähnt, besteht eine Sangha der Jaina aus vier Grundelementen: den Laien (Männer und Frauen) und den Ordinierten (Mönche und Nonnen).[1] Wie in keiner anderen Religion haben Laien und Ordinierte eine antagonistische Funktion. Das Gelübde der Asketen[2], die Gewaltlosigkeit, verlangt neben einer vegetarischen Diät minimalen Besitz und auch die Heimatlosigkeit. Sie befinden sich deshalb, die Regenzeit ausgenommen, auf Wanderschaft. Unterkunft und Verpflegung kommen von der Laien-Gemeinschaft.[3] Im Gegenzug symbolisieren die Asketen das höchste Ideal im Jainismus. Sie haben die Funktion der Lehrer für die Laien-Gemeinschaft. Von dieser wechselseitigen Beziehung lebt eine Jaina-Gemeinschaft.
Ein weiteres spezifisches Merkmal des Jainismus liegt darin, dass die Nonnen, verglichen mit anderen südasiatischen Traditionen wie dem Buddhismus und Hinduismus, überwiegen und schon immer in der Mehrzahl waren.[4] Andrea Luithle beschreibt die weibliche Religiosität in Indien am Beispiel der Jaina-Asketinnen. Der Jainismus ist die einzige Religion in Südasien, die eine institutionalisierte weibliche Askese hervorgebracht hat, in der die Asketinnen keineswegs eine Randerscheinung darstellen, sondern vielmehr gegenüber den männlichen Asketen die Mehrheit bilden.[2] Eine wechselseitige Beziehung von Laien und Asketen ist bisher in keiner Jaina-Diaspora möglich, da sich außerhalb Indiens noch keine Jaina-Asketen-Kultur entwickelt hat.
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