Shrimad Rajchandra
Shrimad Rajchandra[1] (1867–1901), dessen ursprünglicher Name Lakshinandan Mehta war, wurde im November 1867 in der Hafenstadt Vavania in Gujarat geboren. Mütterlicherseits war er vom Jainismus beeinflusst und väterlicherseits vom Vaisnava-Hinduismus. Als er vier Jahre alt war, erhielt er von seinen Eltern den Namen Raichand (Rajchandra), den Ehrentitel Shrimad erhielt er nach seinem Tod von seinen Anhängern. Shrimad Rajchandra wird als hochbegabt beschrieben. Besonders hervorgehoben werden sein außergewöhnlich gutes Gedächtnis und die Fähigkeit, sich auf mehrere Aktivitäten gleichzeitig zu konzentrieren. Sein Interesse für die Religion zeigte sich bereits in seiner frühen Kindheit. Er wuchs zwischen zwei religiösen Traditionen auf, der Vaisna-Hindu-Tradition und der Sthanakvasi-Jaina-Tradition. Shrimad Rajchandra heiratete im Alter von 20 Jahren und war Vater von vier Kindern. Zeitgleich mit der Heirat trat er in das Diamantengeschäft seines Schwiegeronkels ein. Er wird als ernsthafter und talentierter Geschäftsmann beschrieben, der seine Freizeit religiösen Studien widmete. Im Alter von 30 Jahren zog er sich aus dem Geschäfts- und Familienleben zurück. Er hielt sich vermehrt an abgelegenen Plätzen auf, um ungestört an seiner spirituellen Entwicklung zu arbeiten. Es bildete sich ein Kreis von Anhängern um ihn, die seinen religiösen Reden beiwohnten. Trotz seines Laienstatus wurde er aufgrund seiner asketischen Lebensweise, seiner breiten Kenntnisse der religiösen Schriften und der Reinheit seiner Seele als religiöse Autorität akzeptiert.
Abb. 2: Shrimad Rajchandra im Alter von 16 Jahren beim Schreiben des Mokshamala. In diesem Werk, welches er in drei Tagen schrieb, erklärte er Einzelheiten aus Mahaviras Lehre, so zum Beispiel die Bedeutung von Haftungslosigkeit und Ruhe.
Vor allem die Gruppe von Sthanakvasi-Mönchen, die sich um ihn versammelt hatte, forderte ihn auf, als letzten entscheidenden Schritt in den Jaina-Orden einzutreten. Shrimad Rajchandra selbst fühlte sich gut vorbereitet und bereit für diesen Schritt. Er konnte sich jedoch nicht über den Wunsch seiner Mutter hinwegsetzen. Ihrer Meinung nach sollte ihr Sohn erst von seiner Krankheit genesen, einem chronischen Verdauungsproblem, an dem er sein Leben lang litt. Shrimad Rajchandra aber erholte sich von diesem Leiden nie und starb im jungen Alter von 34 Jahren am 1. April 1901 in Rajkot/Gujarat.[2] Shrimad Rajchandra wird als Person gesehen, die Selbstverwirklichung (self-realization, Samyag Darshan) erreichte. Dies gilt als Voraussetzung für einen Guru innerhalb der Shrimad-Rajchandra-Bewegung. Die gegenwärtigen Anhänger von Shrimad Rajchandra verehren dessen Fotografien und Statuen. Gegen Ende seines Lebens sammelte Ambalalbhai Lalcand (1869–1904), ein Shrimad Rajchandra sehr nahestehender Schüler, Schriften, die sein Lehrer verfasste. Diese Schriftensammlung beinhaltet philosophische und poetische Texte sowie Verschriftlichungen geführter Diskussionen und ungefähr 800 Briefe, die er an seine Schüler und Anhänger verfasst hatte. Sie trägt den Titel Shrimad Rajchandra und wird heute innerhalb der Shrimad-Rajchandra-Bewegung allgemein als Kanon akzeptiert. Einige Schriften Shrimad Rajchandras wurden in einem eigenen Buch, Atma Siddhi, veröffentlicht.[3] Kurz vor seinem Tod ließ sich Shrimad Rajchandra in meditativen Positionen fotografieren.
Abb. 3: Sukhlalbhai, ein Schüler von Shrimad Rajchandra, wollte einige Fotos von seinem Lehrer. Hier steht Shrimad Rajchandra in meditativer Haltung, Kayotsarg genannt.
Abb. 4: Das zweite Foto, welches er machte, zeigt Shrimad Rajchandra im Lotussitz, Padmasan Posture genannt. Shrimad Rajchandra befindet sich gesundheitlich in einem sehr kritischen Zustand.
Die Aufnahmen spiegeln Rajchandras kritischen Gesundheitszustand wider. Hierzu und zu seinen frühen Tod gibt es sowohl unter Wissenschaftlern als auch unter Gläubigen verschiedene Meinungen[4] Darauf soll aber hier nicht näher eingegangen werden. Vielmehr ist hier von Bedeutung, wodurch Shrimad Rajchandra den Grundstein für diese innovative Bewegung legte. Sie basiert auf der Grundstruktur einer Jaina-Gemeinschaft und auf deren hierarchischer Ordnung.
Eine traditionelle Jaina-Gemeinschaft besteht aus vier Teilen: den Laien-Brüdern und Laien-Schwestern sowie den Mönchen und Nonnen. Mönche und Nonnen stehen in der hierarchischen Ordnung über den Laien. Von diesen werden sie verehrt und stellen für sie die Lehrer, die sogenannten Gurus, dar. Shrimad Rajchandra war bis an sein Lebensende Laie, womit er nicht nur den Grundstein für die Laien-Guru-Bewegung legte, sondern auch deren Entwicklung ganz entscheidend beeinflusste. Die Nachfolgerinnen und Nachfolger von Shrimad Rajchandra, in diesem Falle Rakeshbhai Jhaveri, würden sich mit dem Eintritt in den Jaina-Orden über Shrimad Rajchandra stellen und ihn somit seiner Guru-Funktion entheben.[5]
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