Die Mahavira-Legende ►§11

Veröffentlicht: 23.03.2015

§11-13

Als Devānandā diese Deutung der Träume gehört hatte, legte sie ihre Fingerspitzen über ihrem Haupt zum Añjali-Gruß zusammen und sprach: »So ist es, du Göttergeliebter, genauso ist es, du Göttergeliebter, es ist wahr. Ich habe dieses erwünscht, ich habe es empfangen! Wahrheitsgemäß ist die Deutung, so wie Ihr es sagt!« Mit diesen Worten nahm sie die Träume völlig an, und gemeinsam mit dem Brahmanen Ṛṣabhadatta die Zeit verbringend genoß sie alle Freuden.

§14

Zu dieser Zeit saß Śakra, der Fürst der Götter, der Götterkönig, der Vajrapāṇi, der Städtezerstörer, der Empfänger der hundert Opfer, der Tausendäugige (...) in vollem Ornat auf seinem Thron in der himmlischen Versammlungshalle des Götterhimmels Saudharman (...) und erfreute sich mit seinen acht Hauptfrauen und seinem gesamten Hofstaat an himmlischen Spielen und himmlischer Musik.

§15

Er wandte sich mit seinem weitreichenden übermenschlichen Erkennen dem gesamten Kontinent Jambūdvīpa zu. Da sah er, daß in der südlichen Hälfte von Bharata in dem brahmanischen Kuṇḍagrāma der Asket, der erhabene Mahāvīra, als Embryo in den Leib der Brahmanin Devānandā eingetreten war. Bei diesem Anblick erfaßte höchste Freude sein Denken und sein Herz, seine Körperhärchen sträubten sich. Voller Erregung erhob er, der Götterfürst in all seinem Schmuck, sich schnell von seinem Löwenthron, stieg von seinem Fußschemel herunter, zog seine juwelengeschmückten Schuhe aus, legte sein Gewand über die linke Schulter, bewegte sich sieben, acht Schritte in Richtung auf den Tīrthaṃkara zu, beugte das linke Knie, und auf dem rechten Knie ruhend neigte er sein Haupt dreimal bis auf den Boden. Indem er dann seine Fingerspitzen über seinem Haupt zum Añjali-Gruß zusammenlegte, sprach er:

§16

»Gruß sei den Arhats, den Erhabenen, ihnen, die einen Anfang schaffen, eine Furt schaffen, den von selbst völlig Erwachten, den Besten der Männer, Löwen unter den Männern, den schönsten weißen Lotussen unter den Männern, den Duft-Elefanten unter den Männern, den Höchsten in der Welt, den Schützern der Welt; denen, die das Heil der Welt, die Lampen der Welt, die Lichtbringer der Welt sind; den Spendern der Furchtlosigkeit, des (inneren) Auges, des (rechten) Weges, des Lebens, des Erwachens (bodhi); den Spendern der Lehre (dharma); den Predigern der Lehre, den Wegführern der Lehre, den Wagenlenkern der Lehre, den Weltherrschern der vorzüglichsten Lehre! Leuchte, Rettung, Schutz, Ziel, fester Grund! Den Trägern des besten, unwiderlegten Wissens und Glaubens, ihnen, die das Verhüllende aufgedeckt haben, den Siegern (jina), die siegen lassen, den (aus dem Samsāra) Geretteten, die retten, den Erwachten (buddha), die wecken, den Befreiten, die befreien, den Allwissenden (sarvajña), die alles zeigen; ihnen, die den freundlichen, unerschütterlichen, schmerzfreien, grenzenlosen, unvergänglichen, makellosen Platz erreicht haben, der ein Ort der Vollendung ohne Wiederkehr genannt wird, Gruß den Siegern, die über die Schrecken gesiegt haben!

Gruß sei dem Asketen, dem erhabenen Mahāvīra, der einen Anfang schafft, der als Letzter eine Furt schafft, ihm, dem von den früheren Tirthankaras Angekündigten, (bis zu) ihm, der sich zu vollenden begehrt. Ich verehre nun ihn, den Erhabenen, der dort ist, ich, der ich hier bin; er schaue nach mir, der Erhabene, der dort ist, nach mir, der ich hier bin.« Mit diesen Worten verehrte und begrüßte er den Asketen, den erhabenen Mahāvīra. Dann setzte er sich auf dem vorzüglichen, ostwärts gerichteten Löwenthron nieder. Dann entstand ihm, Śakra, dem Fürsten der Götter, dem Götterkönig die folgende, derartige, das höchste Selbst betreffende, bedenkenswerte, begrüßenswerte innere Überzeugung:

§17

»Nicht ist es so gewesen, nicht darf es so geschehen, nicht darf es so in Zukunft werden, daß Arhats oder Weltherrscher oder Baladevas oder Vāsudevas in Familien, die am unteren oder am untersten Rande der Gemeinschaft stehen, in Familien, die nichts taugen, in arme, niedere oder Bettlerfamilien oder Brahmanenfamilien eintraten oder jetzt oder in Zukunft eintreten.

§18

Es ist ja so: Arhats und Weltherrscher (...) traten und treten auch jetzt und in Zukunft in hochkastige Adelsfamilien ein oder in die Ikṣvāku-Familie, in Familien der Kṣatriya-Klasse oder des Geschlechts von Krsna.

§19

Doch gibt es auch dieses Geschehnis, das der Welt zum Staunen gereicht: Im unendlichen Lauf der auf- und absteigenden Zeitalter kommt es vor, daß den Namen und das Geschlecht betreffendes Karma, welches bis dahin noch nicht geschwunden, zur Empfindung gebracht und getilgt worden war, plötzlich aufgeht und daß infolgedessen Arhats oder Weltherrscher (...) in Familien, die am Rande oder am äußersten Rande der Gesellschaft stehen, (...) in Bettlerfamilien oder Brahmanenfamilien in einen Leib als Embryo herabgestiegen sind oder jetzt oder zukünftig herabsteigen. Keinesfalls aber kamen sie oder kommen jetzt oder in Zukunft durch Geburt aus dem Mutterschoß hervor.

§20

Dieser aber, der Asket, der erhabene Mahāvira, ist im Kontinent Jambūdvīpa (...) im Brahmanenviertel der Stadt Kuṇḍagrāma in den Leib der Brahmanin Devānandā als Embryo herabgestiegen.

Quellen

Die Erlösungslehre der Jaina | Mette / Mette | Buch (Cover)

Die Erlösungslehre der Jaina

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