Meditieren - warum?: Arbeitseffizienz & Preksha Meditation (2)

Veröffentlicht: 19.12.2012

Unbeherrschtheit erschwert das Zusammenleben mit anderen Menschen und die Zusammenarbeit mit ihnen. Wer gute Beziehungen aufzubauen versteht, schafft damit auch eine Grundlage für effektives Zusammenarbeiten. Das Königreich der Emotionen ist gewaltig, beschäftigen wir uns einmal etwas näher mit seinen wesentlichen Aspekten. An erster Stelle stehen Bereitschaft und Fähigkeit zur Toleranz. Eine ausgeglichene Persönlichkeit kann andere Menschen mitreißen und viel zulassen. Wer engstirnig ist, kann andere nicht mitreißen und auch ihre Bereitschaft zur Zusammenarbeit nicht aktivieren.

Als wir uns mit einer effektiven Organisation des Ordens befassten, sagte Acharya Tulsi: „Die meisten nehmen an, die höchste Autorität hier hat der Acharya. Das stimmt schon, doch kann man es auch so sehen, dass der Acharya viel mehr aushalten muss als alle anderen. Als Meister wird nur ein Acharya anerkannt, der tolerant, kompetent, ausgeglichen, liebevoll, zärtlich, ja, sogar mütterlich ist und zudem niemanden vorzieht.“ Aufgeschlossenheit ist eine wichtige Voraussetzung für eine wirksame Zusammenarbeit aller. Wer seine Kollegen wie Untergebene behandelt und ihnen nicht aufgeschlossen gegenübersteht, wird nicht effizient sein. In unseren Preksha Meditationscamps haben wir regelmäßig Kontemplationen zur Entwicklung der Toleranzfähigkeit praktiziert. Es gibt Menschen, die verfügen von Natur aus über die Fähigkeit der Toleranz, doch auch wem das nicht gegeben ist, kann an sich arbeiten und sie erlernen. Das mag nicht innerhalb der Zeitspanne eines Camps gelingen, doch wer konstant über mindestens zwei Monate an sich arbeitet und das, was er im Camp gelernt hat, weiter praktiziert, wird an sich bemerken können, wie seine Toleranz sich entwickelt und nach sechs Monaten voll ausgeprägt ist.

Bevor Mahavira Mönch wurde, hatte er als Prinz Vardhaman sechs Monate lang über Vergänglichkeit kontempliert. Diese Kontemplation, regelmäßig durchgeführt, öffnet dem Kontemplierenden die Augen für die Betörungen der Welt, mit denen sie die Menschen immer wieder zu täuschen versteht. Eine Folge dieser Kontemplation ist ein wachsendes Interesse an Spiritualität und inneren Qualitäten. Auch sie können  durch regelmäßiges Training  weiter entwickelt werden. Der Boden in unserem Inneren ist in dieser Hinsicht besonders fruchtbar.

Wer beharrlich an der Entwicklung seiner Fähigkeit zur Toleranz arbeitet, wird letzten Endes auch Erfolg haben. Jeder Mensch sollte wissen, wann und was er spricht. Wenn ein jüngerer Mitarbeiter in aggressiver Stimmung ist, ist es die Aufgabe seines Vorgesetzten, das auszuhalten. Wird er nämlich selbst aggressiv, verschlimmert sich die Situation. In diesem Fall ist ihm Schweigen anzuraten, jede wie auch immer geartete Reaktion würde nur verstärkend auf die Stimmung des anderen wirken.

Auf meinen Wanderungen habe ich das Oberhaupt einer Familie kennen gelernt. Dieser Mann war sehr aufbrausend, sein Knecht auch. Wann immer wir in ihre Nähe kamen, hörten wir sie schon von weitem laut streiten. Eines Tages sprach ich den Bauern an: „Ihr streitet sehr viel, das ist nicht gut.“ Er erwiderte: „Maharaj, die Wahrheit ist, dass wir beide sehr aggressiv sind.“ - „Warum arbeitet ihr zusammen?“ fragte ich. „Ohne ihn kann ich nicht arbeiten, und er kann ohne mich nicht arbeiten.“ - „Wenn ihr so voneinander abhängig seid, warum versucht ihr es dann nicht mit mehr Toleranz?“

Ohne Praxis gibt es keinen Erfolg. Transformation gelingt nur, wenn man unablässig an sich arbeitet und nicht nur darüber redet. Wer seine Arbeitseffektivität steigern möchte, muss auch seine Duldsamkeit erhöhen. Ebenso wichtig ist eine versöhnliche Grundeinstellung. Wer die Kunst der Versöhnung beherrscht, kann mit zwei, ja sogar hundert Menschen problemlos auskommen. Deshalb ist es so wichtig, unsere Emotionen auf eine beschwichtigende Herangehensweise einzustimmen. Solange wir uns auf diese Arbeit nicht einlassen, ist keine Schlichtung möglich

Einmal versuchte ein Handwerker zwei Fensterläden an dem großen Fenster des Raumes anzubringen, in dem ich immer saß. Er hatte eine Auswahl von Fensterläden mitgebracht, doch soviel er auch probierte, es waren keine darunter, die zusammen passten. Nach mehreren Tagen Hobelns, Hämmerns und Aufeinanderlegens war es ihm schließlich gelungen, die Fensterläden nicht nur anzubringen, sie schlossen auch. Mir wurde klar, wenn so viel Arbeit nötig ist, um zwei Fensterläden einander anzupassen, wie viel schwerer ist es mit zwei Lebewesen!

Auch Konzentrationsfähigkeit ist wesentlich für Arbeitseffizienz. Ein Wissenschaftler hat im Laufe seines Lebens 900 Artikel angefangen, aber keinen zu Ende geschrieben. Wäre ihm das gelungen, wäre er sicherlich einer der angesehensten Wissenschaftler der Welt geworden. Viele Menschen haben Probleme damit, das zu Ende zu bringen, was sie angefangen haben. Man erreicht es nicht, ohne sich völlig auf sein Ziel zu konzentrieren. Wie nun erreicht man diese totale Ausrichtung auf eine Sache? In der Preksha Meditation entwickeln wir die Konzentrationsfähigkeit über das tiefe und lange Atmen. Dabei ist wichtig, dass man diese Technik planvoll anwendet und sich die eigenen Fortschritte stets vor Augen führt. Eigene Fortschritte können daran gemessen werden, wie viel länger als vor Beginn der Atemübungen man sich auf einen Gedanken konzentrieren kann.

Man sollte sich immer vergewissern, ob das, was man praktiziert, auch im Alltag nützlich ist. Dazu sollte man sich Alltagssituationen aus der Vergangenheit vor dem inneren Augen vergegenwärtigen, die sogenannte Vogelperspektive einnehmen und sich selbst in der Situation beobachten. Ziel dieser Technik ist, in konfliktgeladenen Situationen sofort diese Perspektive einzunehmen und nicht impulsiv zu reagieren. Auf diese Weise gelingt es mit wachsendem Erfolg, die versöhnliche Grundstimmung angemessen im eigenen Handeln zu verwirklichen.

Quellen
Englischer Titel:
Why Meditate? Redaktion:
Muni Dhananjay Kumar
Herausgeber:
2005 Jain Vishva Bharati
Institute, ©2005 Übersetzung ins Englische:
2005 Samani Charitra Pragya,
Neeraja Raghavan, Sudhamahi
Regunathan Übertragung ins Deutsche:
2008 Carla Geerdes
2012 Überarbeitete Fassung
Carla Geerdes

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