8. Kuldhars Tochter
Vor langer Zeit lebte in der Stadt Champapuri der reiche Kaufmann Kuldhar und seine Frau Kulnanda. Der Kaufmann hatte sieben Töchter. Sie hießen Kamalashri, Kamalavati, Kamala, Lakshmi, Sarasvati, Jayamati und Priyakarini. Alle seine Töchter waren mit reichen Kaufleuten verheiratet und sehr glücklich. Kuldhar und seine Frau Kulnanda bekamen eine achte Tochter, aber irgendwie waren sie über ihre Geburt nicht glücklich. Sie veranstalteten keine Zeremonie zur Namensgebung. Das achte Mädchen war weniger glücklich. Als sie im heiratsfähigen Alter war kümmerte sich ihr Vater nicht darum für sie einen passenden Ehemann zu finden. Wenn ihn jemand darauf ansprach, sagte er, sie werde sich gut fühlen, sobald er den richtigen Bräutigam für sie gefunden habe. Er machte sich über ihren unglücklichen Zustand überhaupt keine Sorgen.
Eines Tages, während Kuldhar arbeitete, kam ein fremder junger Mann zu ihm. Der Mann war sehr ärmlich gekleidet, seine Haare waren sehr ungepflegt und er war voller Läuse. Der Kaufmann fragte ihn, "Wo kommst du her?" Der junge Mann antwortet, "Mein Vater heißt Nandi und meine Mutter Soma. Sie wohnen in Koshalpur. Ich heiße Nandan. Ich war in Chandadesh und habe nach Arbeit gesucht. Ein Kaufmann gab mir den Auftrag diesen Brief zu einem gewissen Vasantdev zu bringen, der in ihrer Stadt wohnt".
Kuldhar schenkte ihm keine Aufmerksamkeit. Alles was er dachte war, seine Tochter mit diesem Mann zu verheiraten. Er sprach zu dem jungen Mann: "Ich werde dir eine Begleitung mitgeben, und sobald du den Brief abgegeben hast, möchte ich, dass du zurück kommst, um mit mir zu sprechen". Inzwischen befahl Kuldhar seinen Bediensteten für den jungen Mann das Bad vorzubereiten, außerdem Kleidung und Essen. Als Nandan zurückkam, nahm er ein Bad, zog frische Kleider an und aß. Danach bot Kuldhar ihm seine Tochter zur Ehefrau an. Nandan erwiderte: "Ich wollte eigentlich sofort nach Chandadesh zurückkehren". Der Kaufmann sagte: "Junger Mann, es wird nicht viel Zeit in Anspruch nehmen die Hochzeit zu organisieren. Ich werde dir genug Geld geben für euch beide, um nach Chandadesh zu kommen.
Ein paar Stunden später waren sie verheiratet und für die Tochter kam der Moment sich von ihrer Familie zu verabschieden. Das Paar fuhr nach Chandadesh. Inzwischen wurde es dunkel und sie waren müde. Sie kamen an einen Tempel und entschieden sich dort die Nacht zu verbringen. Als seine Frau schlief dachte Nandan er werde nicht pünktlich in Chandadesh ankommen, denn seine Frau kann nicht so schnell laufen wie er. Außerdem würden sie zu zweit zu viel Geld zum Leben benötigen. Was sollte er dann tun? Er müsse betteln. Der Gedanke, betteln zu müssen, widerstrebte ihm und er entschied, seine Frau zurückzulassen.
Als die Tochter Kuldhars bei Sonnenaufgang erwachte, bemerkte sie, dass ihr Ehemann fortgegangen war und das ganze Geld mitgenommen hatte. Sie dachte: "Was wird mir geschehen ohne meinen Mann." Zuerst dachte sie in das Haus ihrer Eltern zurückzukehren. Aber dann fürchtete sie, sie würde dort ohnehin nicht gut behandelt werden, also warum dorthin zurückgehen? Bei dem Gedanken betteln zu gehen, lief es ihr eiskalt über den Rücken. Sie beschloss zu arbeiten und für sich zu sorgen. Aber sie wusste nicht wo sie hingehen sollte oder welche Stadt in der Nähe lag. Sie hatte keine andere Wahl, als den gleichen Weg zu nehmen, den sie vorher gingen.
Nach einer Weile erreichte sie die Stadt Avantidesh. Sie ging zum Marktplatz um nach Arbeit zu suchen. Die erste Person, die sie sah, war ein Kaufmann namens Manibhadra. Sie stand dort und beobachtete ihn. Sie gewann einen guten Eindruck von ihm. Daraufhin fragte sie bei ihm nach Arbeit. Zuerst hatte Manibhadra Mitleid mit ihr, aber er hatte Angst eine Fremde einzustellen. Der Kaufmann beschloss herauszufinden wer sie war. Er fragte sie: "Wer bist du?" Sie erwiderte: "Ich bin die Tochter von Kuldhar aus Champapuri. Ich war mit meinem Mann auf dem Weg nach Chandadesh, aber wir wurden unterwegs getrennt. Deshalb suche ich jetzt Arbeit, um für mich sorgen zu können, bis ich ihn wieder finde."
Manibhadra hatte etwas Vertrauen gewonnen. Er lud sie ein in seinem Haus zu bleiben und übertrug ihr seine haushaltlichen Angelegenheiten. Er schickte mehrere Männer auf den Weg, die ihren Ehemann suchten, sie konnten ihn aber nicht finden. Er erkundigte sich auch über ihre Eltern und erfuhr, dass sie die Wahrheit sagte.
Im Laufe der Zeit, gewöhnte sich die Familie an sie. Jeder zeigte ihr seine Zuneigung. Später ließ Manibhadra einen Jaina-Tempel bauen, mit großen Türmen und farbenprächtigen Flaggen. Kuldhars Tochter ging jeden Tag zum Tempel um die Jina zu verehren, dort traf sie auch viele Nonnen. Nachdem sie mit den Nonnen in näheren Kontakt gekommen war, lernte sie den Jainismus kennen. Sie erfuhr über die neun Grundregeln (Nava tattva). Sie akzeptierte die Regeln einer Laienschwester (Shravika), was ihr ein besseres Gefühl gab.
Eines Tages bemerkte Kuldhars Tochter, dass Munibhadra sehr niedergeschlagen war. Sie fragte ihn nach dem Grund. Er sagte: "Der König vertraute ihm den Garten an. Er sollte ihn unterhalten und den König jeden Tag mit Blumen beliefern. Ich weiß nicht warum, aber im Garten ist plötzlich alles trocken. Wie soll ich den König nun mit Blumen versorgen? Ich habe Angst, dass dies den König aus der Fassung bringen könnte, und ich weiß nicht was er tun würde." Kuldhars Tochter beschloss, bis zur Herstellung des Gartens, weder Nahrung noch Flüssigkeit zu sich zu nehmen. Sie ging zurück in den Tempel. Nach den Niederwerfungen vor den Statuen, ging sie in tiefe Meditation (Kayotsarg). Nach drei Tagen hatte sie eine göttliche Erscheinung. Sie erhielt folgende Botschaft: "Meine Tochter, dein Gelübde ist erfüllt, und der Garten wird am Morgen in voller Blüte stehen."
Am nächsten Morgen ereignete sich ein Wunder. Der Garten war schöner als je zuvor. Es gab mehr frische Blumen als man sich nur wünschen konnte. In Gedanken akzeptierte der Kaufmann sie jetzt als seine eigene Tochter. Er eilte zum Tempel und beglückwünschte sie zu diesem schönen Garten. Nachdem sich das wunderbare Ereignis herumgesprochen hatte, eilten Menschen aus der gesamten Stadt zum Tempel um sie zu ehren. Nachdem sie erfuhr, dass der Garten wieder hergestellt war, brach sie ihr Fasten (Parna), nachdem sie Essen an die Nonnen gegeben hatte. In einer Nacht, als Kundhars Tochter im Bett lag, dachte sie: "Durch großes Glück kam ich mit dem Tempel und den Nonnen in Kontakt. Ich muss das Beste daraus machen." Sie veränderte ihr Leben. Sie fastete öfter für mehrere Tage und manchmal auch für einen Monat. Sie führte ein tief religiöses Leben. Nachdem ihre Lebenszeit auf dieser Erde zu Ende war kam sie in den Himmel.