Die Jainas [1927 W. Schubring]: Eintritt der Befreiung

Veröffentlicht: 27.10.2012
Aktualisiert: 02.07.2015

IV. Weltflucht

2. Eintritt der Befreiung

Viyāhapannatti 12,2: Die Fähigkeit, befreit zu werden, Jayantī, ist den Seelen von Natur eigen, sie wird nicht erworben. Alle zur Erlösung bestimmten Seelen werden an [dies] Ziel gelangen. Wenn (das [aber] der Fall ist), so wird die Welt [doch] nicht ohne zur Erlösung bestimmte [Seelen] sein, (ebenso wie) eine durch den ganzen Raum reichende, anfang- und endlose, [von ihres­gleichen] rings umgebene Reihe [von Atomen] durch Aggregate, die aus Atomen bestehen, in jedem Zeit-Punkt [80] [zwar] gemindert und [doch] im Laufe von unendlich vielen aufsteigenden und absteigenden [Halbdrehungen des Zeitrades] nicht erschöpft wird.

Uvavāiya 141-153: [...] Die [nach Erreichung der Allwissenheit danach benannten] Kevalin haben vier Arten des Karman [noch] nicht getilgt: das zu Empfindende, die Lebensmenge, die Individualität [und] die soziale Stellung. [Gesetzt den Fall - der die Regel sein wird -] sein Karman zu Empfindendes ist [noch] sehr groß, [aber] sein Karman Lebensmenge ist [nur noch] sehr klein, so macht er gleich, was durch Bindungen und Dauer ungleich ist, [und] (um dies zu tun), stoßen die Kevalin [die betreffenden Karman-Atome] aus, gehen sie an die Ausstoßung [der Karman-Atome]. Nicht alle Kevalin (tun das). Bei welchem [Kevalin] die [drei von den genannten] Karman[-Arten], die sein[e] Dasein[sform näher] bestimmen, durch Bindungen und Dauer gleich sind mit der [noch vorhandenen] Lebensmenge, der geht nicht an die Ausstoßung. [81] [...] Die Herstellung der Disposition [zur Ausstoßung] geschieht innerhalb einer Stunde [82] im Laufe einer unbestimmt hohen Anzahl von Zeit-Punkten. Die Ausstoßung [selbst] währt acht Zeit-Punkte. Im ersten Zeit-Punkt bildet [der Kevalin aus seinen Seelen-Atomen] eine Säule [von dem Durchmesser seines Körpers, und diese Säule reicht von seinem Scheitel und Fußpunkt je bis an das Ende der Welt]; im zweiten einen Türflügel [von Höhe und Seitenbreite seines Körpers, und dieser Türflügel reicht von seinen Seiten bis an das Ende der Welt je nach Osten und nach Westen]; im dritten einen Rührstock [von Höhe und Frontbreite seines Körpers, und dieser Rührstock reicht von Brust und Rücken bis an das Ende der Welt je nach Süden und Norden]; im vierten füllt er die Welt aus; im fünften zieht er die [Atome, mit denen er das Ganze der] Welt [erfüllt hat], wieder ein, im sechsten den Rührstock, im siebenten den Türflügel, im achten die Säule und ist dann, [nachdem er hiermit die genannten Karman-Atome ausgestoßen], wieder in [seinem natürlichen] Leib. Bei diesem Vollzug der Ausstoßung betätigt er nicht den inneren Sinn [und] nicht die Rede, sondern den Körper, (und zwar) ist [diese] Betätigung die des irdischen Leibes zusammen mit einem anderen [...], nämlich dem Karman-Leib. Im ersten und achten Zeit-Punkt betätigt er den (ersteren), im dritten, vierten und fünften den letzteren, im zweiten, sechsten und siebenten beide.

Bei diesem Vollzug der Ausstoßung gelangt er [noch] nicht ans Ziel, erwacht [noch] nicht, wird [noch] nicht frei, verlöscht [noch] nicht [und] macht [noch] nicht allem Leid ein Ende. Er kehrt aus jenem [Zustand] zurück, kommt wieder her [zu irdischem Leben] und betätigt alsdann den inneren Sinn, die Rede und den Körper, [und zwar] (inneren Sinn und Rede nur) mit wahrer [und] weder-wahr-noch-falscher Betätigung. In Betätigung des Körpers geht, steht, sitzt, hegt er, macht große oder größere Schritte, bewegt [Gegenstände] in verschiedener Art, [und] wenn ihm ein Brett, eine Bank oder ein Lager überlassen war, so bringt er es [nach Vorschrift dem Eigentümer] zurück, [alles] je nach Bedarf.

Indem er auf diese Weise [noch] Betätigung ausübt, gelangt er [noch] nicht ans Ziel, [...] macht er [noch] nicht allem Leid ein Ende. Ehe [dies geschieht], unterdrückt er zuerst die Betätigung des inneren Sinnes, die [schon] unbestimmt vielmal geringer ist als die eines vollentwickelten fünfsinnigen vernünftigen Wesens von geringster Betätigung, sodann die der Rede, die [schon] [...] als die eines vollentwickelten zweisinnigen Wesens [...], sodann die des Körpers, die [schon] [...] als die eines unentwickelten feinen Schimmelpilzchens. [...] (Nach diesen Unterdrückungen) stellt er die Betätigung ein, kommt zur Freiheit von der Betätigung [und] gelangt zum Gipfel-Grad. [83] Auf ihm verbleibt er für die unter der Dauer einer Stunde bleibende, aus einer unbestimmt hohen Anzahl von Zeit-Punkten bestehende Frist, in der man ohne Kraftaufwand fünf Silben mit kurzen Vokalen [84] aussprechen kann. Zum [Gipfel-Grad] leiten die vorher angelegten Tugend-Stufen. [85] Indem [der Kevalin], während er auf dem Gipfel-Grad weilt, mittels Tugend-Stufen [von] unbestimmt vielen [Zeit-Punkten] unendlich viele Karman-Atome [86] tilgt, tilgt er die vier Karman-Arten, das zu Empfindende, die Lebensmenge, Individualität [und] soziale Stellung, [alle] gleichzeitig, verläßt gänzlich und restlos den irdischen [Leib], den feurigen [Leib] und den Karman-Leib, setzt sich in gerader Linie in Bewegung [und] gelangt, ohne [andere Atome] zu berühren [und dadurch aufgehalten zu werden], in einem Zeit-Punkt ohne Richtungsänderung aufsteigend, bewußt zur Vollendung.

Nāya 6: Wenn ein Mann eine große trockene Flaschengurke, die kein Loch hat [und] unbeschädigt ist, mit Darbha- und Kuśa-Gras umwickelt, mit [nassem] Ton bestreicht, sie erwärmt und, wenn [der Ton] trocken ist, ein zweites Mal (und so bis zu acht Malen) umwickelt, [...] bestreicht [und] erwärmt [und] sie dann ins Wasser wirft, wo es ohne Grund, breit [und] mehr als mannstief ist, so sinkt, Goyama, diese Flaschengurke durch die Schwere, die Last [und] das Vollgewicht jener acht Tonschichten unter die Wasseroberfläche bis auf den Grund. Ganz ebenso erwerben, Goyama, die Seelen durch die Schädigung von Wesen [...] (wie Kap. Wirkende Tat [Karman]) [...] durch falschen Glauben, diesen Stachel, die acht Arten des Karman eine nach der anderen, [und] durch deren Schwere, Last [und] Vollgewicht sinken sie, wenn sie in [ihrem] Sterbemonat abgeschieden sind, unter die Erdoberfläche bis in den Höllengrund. So gelangen die Seelen zur Schwere. Wenn nun, Goyama, die äußerste [erste] Lehmschicht dahin, vergangen [und] zerstört ist, so hebt sich die Flaschengurke ein wenig vom Grunde, (und ebenso bei jeder folgenden Lehmschicht,) [und] sind so [alle] acht Lehmschichten dahin, vergangen [und] zerstört, so ruht sie nach Durchdringung der Wassertiefe auf der Oberfläche. Ganz ebenso ruhen, Goyama, die Seelen, wenn sie durch die Enthaltsamkeit von Schädigung [...] von falschem Glauben, diesem Stachel, die acht Arten des Karman eine nach der anderen getilgt haben, nach Erhebung über den Luftraum oben am Gipfel der Welt. So gelangen die Seelen zur Leichte.

Fußnoten
81:

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82:

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84:

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85:

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86:

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Quellen
Titel:
Die Jainas
Reihe:
Religionsgeschichtliches Lesebuch; 7
Verlag:
J.C.B. Mohr, Tübingen
Erscheinungsjahr:
1927 (2. erw. Auflage)
Seitenzahl:
iv + 33

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