§59-61
Als es hell wurde, die voll erblühten Taglotusse sich geöffnet hatten und die Sonne in flammendem Rot aufgegangen war, erhob sich Siddhārtha vom Nachtlager und ertüchtigte sich in seiner Gymnastikhalle durch geeignete Sportarten, wie Springen, Ring- und Boxkampf. Dadurch erschöpft, ließ er sich ölen, erfrischen und massieren. Danach begab er sich in seinen kostbar mit perlenbehängten Fenstergittern und einem Mosaikfußboden ausgestatteten Baderaum und nahm, bequem auf seinem mit eingelegten Juwelen geschmückten Badestuhl sitzend, ein gesundheitsförderndes und wohltuendes Bad mit parfümiertem Wasser, mit heißem Wasser, mit reinem Wasser, trocknete sich mit einem flauschigen, weichen, bunten Tuch, kleidete sich in ein neues, kostbares Gewand und rieb sich mit frischem, duftendem Sandel ein. Er legte Schmuck an, Halsketten mit mehreren Perlenschnüren, Ohrringe, Armreifen, Ringe, einen Gürtel, Brustschmuck. Die Ohrgehänge ließen sein Antlitz aufblitzen, sein Haupt leuchtete unter einer Krone; Ketten verschönten seine Brust; Siegelringe ließen seine Finger goldgelb erscheinen; mit Perlengehängen verziert war der Stoff seines Obergewandes; und er trug sehr wertvolle, geschickt mit Juwelen und Edelsteinen verarbeitete goldene Armspangen.
Was bedarf es vieler Worte! Wie ein Wunschbaum geschmückt und geziert war der König, über dem ein mit einem Gebinde von Kränzen aus Korintha-Blüten geschmückter Schirm gehalten und Yakschweifwedel von reinstem Weiß geschwenkt wurden. Bei seinem Anblick ertönte der Ruf von Glück- und Siegeswünschen, während er von den Vornehmen begleitet, leuchtend wie der von Sternen umgebene Mond, das Badehaus verließ,
§62
zu seiner äußeren Audienzhalle schritt und sich, das Antlitz nach Osten gerichtet, auf dem Löwenthron niederließ.
§63
Dann ließ er nordöstlich von seinem eigenen Platz acht Ehrensessel herrichten, die mit weißen Tüchern bedeckt waren und an denen mit weißem Senf eine Glückszeremonie vollzogen worden war. Dann ließ er in geringer Entfernung von sich zum Inneren (des Palastes) hin einen mit Juwelen und Edelsteinen gezierten und aus sehr kostbarem, mit bunten Bildern ornamentiertem Stoff verfertigten Vorhang ziehen, dann an der Innenseite (des Vorhangs) einen mit verschiedenen Juwelen und Edelsteinen geschmückten, mit weißem Tuch bedeckten, weichen, besonders bequemen Ehrensessel, der dem Körper Wohlgefühl verschafft, für die Kṣatriyāṇi Triśalā herrichten. Dann ließ er die Leute seines Haushalts rufen und sprach:
§64
»Schnell, ihr, meine Lieben, laßt die Kenner des achtteiligen kommentierten Leitfadens von den Großen Vorzeichen rufen, die in verschiedenen Wissenschaften versierten Traumdeuter!« Freudig und zufrieden stimmten seine Leute den Worten zu,
§65
verließen den Kṣatriya Siddhartha, gingen in die Stadtmitte von Kuṇḍapura, wo die Häuser der Traumdeuter waren. Dorthin gingen sie und ließen die Traumdeuter rufen.
§66
Die Traumdeuter waren freudig und zufrieden, als der Kṣatriya Siddhartha sie durch seine Leute hatte rufen lassen. Frohen Herzens nahmen sie ein Bad, opferten ihrem Hausgott, vollzogen glückbringende Rituale und Sühnezeremonien. Gekleidet in glückbedeutende Gewänder bester Qualität, die rein und (deswegen) für den Auftritt (am Fürstenhof) geeignet waren, schmückten sie ihren Körper mit kleinen, äußerst kostbaren Preziosen und machten ihre Häupter durch weißen Senf und Auripigment zu Glückszeichen. Sie verließen, jeder für sich, ihre Häuser und gingen mitten in den Stadtteil von Kuṇḍagrāma, der den Kṣatriyas gehört, zum Eingangstor des vorzüglichen Palastes von König Siddhartha, dorthin gingen sie.
§67
Am Eingangstor versammelten sie sich zu einer Gruppe und gingen zur äußeren Empfangshalle, genau dorthin, wo der Kṣatriya Siddhartha war, dorthin gingen sie, legten die Handflächen zum Gruß zusammen (...) und ließen den Kṣatriya Siddhartha mit Siegesrufen hochleben.
§68
Darauf setzten sich die Traumdeuter, die von König Siddhartha begrüßt, feierlich geehrt, beschenkt und mit Höflichkeiten bedacht wurden, einer nach dem anderen auf die vorher bereitgestellten Ehrensessel.
§69
Dann ließ der Kṣatriya Siddhartha die Kṣatriyāṇi Triśalā an der Innenseite des Vorhangs Platz nehmen und sprach, die Hände voller Blüten und Früchte, mit äußerster Höflichkeit in folgender Weise zu den Traumdeutern:
§70-71
»So hat nun, ihr Göttergeliebten, jetzt die Kṣatriyāṇi Triśalā (...) die folgenden, derartigen, großartigen vierzehn Großträume gesehen und ist dann erwacht, nämlich:
Einen Elefanten, einen Stier (...).
§72
Welch segenbringendes Geschehen, ihr Göttergeliebten, wird wohl die besondere Frucht dieser großartigen vierzehn Träume werden?«
Als die Traumdeuter diese Nachricht gehört und vernommen hatten, waren sie glücklich und zufrieden (...). Ergriffenen Herzens nahmen sie die Träume in ihr Inneres auf und bildeten sich eine Meinung darüber. Dann führten sie ein gemeinsames Gespräch untereinander.
§73
Nachdem sie die Bedeutung der Träume aufgenommen, erfaßt, erfragt, festgestellt und verstanden hatten, rezitierten sie vor König Siddhārtha ausführlich die Lehren der Traumbücher und sprachen zu ihm in folgender Weise:
§74
»Es ist nun so, du Göttergeliebter! In unserem Traumbuch sind 72 Träume: 30 Großträume, 42 allgemeine Träume sind angezeigt.
Arhat-Mütter oder Weltherrscher-Mütter, du Göttergeliebter, zu denen ein Arhat oder ein Weltherrscher in den Mutterschoß herabsteigt, erwachen, nachdem sie von den 30 Großträumen diese 14 geschaut haben,
§75
nämlich:
Einen Elefanten (...).
§76-78
Wenn ein Vāsudeva in den Mutterschoß herabsteigt, erwachen die Mütter, nachdem sie von diesen 14 Groß träumen 7 geschaut haben; Baladevamütter, wenn ein Baladeva in den Mutterschoß herabsteigt, erwachen, nachdem sie von den 14 Großträumen 4 geschaut haben; Maṇḍaliyamütter, wenn sie von den 14 Großträumen einen geschaut haben.