Wir fuhren die NH65 zurück in Richtung Jodhpur, bogen jedoch nach ca. 18km rechts ab und hielten nach wenigen Metern vor einem geöffneten Tor, das in eine offensichtlich hastig errichtete Mauer eingelassen war. Es sah auf den ersten Blick so aus, als hielten wir vor einem unbebauten Grundstück. Doch schon bei näherer Betrachtung des Tores war der Eindruck ein anderer.
Das Eingangstor aus unbearbeitetem Eisen hatte eine ungewöhnliche Form und war mit Jaina Symbolen verziert, die aus dem Material herausgearbeitet waren. Durchaus das Werk eines Alltagskünstlers.
Hinter dem Eingangstor führte ein Weg auf ein kreisförmiges Gebäude, auf das Familie Surana entschlossen zuging.
Beim Näherkommen sah man, dass es sich um einen im Bau befindlichen Tempel handelte.Das Plakat rechts oben beachteten wir erst einmal nicht weiter.
Der Bau machte einen eher provisorischen Eindruck, doch erstaunte in vielerlei Hinsicht. Was von außen etwas verloren wirkte,…
… sind alles Schreine der Padmavati.
108 Statuen der Padmavati, eine der beiden Schlangengötter, die den 23. Tirthankara Parshvanath begleiten, im Kreis aufgestellt.
Inmitten des Kreises der 108 Padmavati Statuen befand sich das Garbhagriha, dem man sich durch Toranas näherte, die von den Schlangengöttern Devendra (l) und Padmavati (r) bewacht werden.
Padmavati auf einem mit Schlangenhauben verzierten Schrein.
Samavasarana
Parshvanath mit den ihn begleitenden Schlangengottheiten Padmavati (r) und Devendra (l).
Schrein für einen Schlangengott, im Halbrelief dargestellt, welcher…
…an der Stelle, wo der Padmavati Tempel errichtet wird, der Sage nach erschienen sein soll.
Dem hier dargestellten Berggeist aus dem Klan der Bheru ji (Erd- und Berggeister) werden magische Fähigkeiten zugesprochen.
Ebenso dem hier dargestellten Bhairav.
Wie in einigen Parshvanath Tempeln wird auch hier eine Behausung für eine Kobra bereitgestellt.
Im Falle ihres Erscheinens wird sie als Verkörperung des Schlangengottes angesehen und dementsprechend auch verehrt.
Beim Verlassen des Tempels fiel uns diese ungewöhnliche Erscheinung auf. Man vergleiche ihr Gesicht mit dem auf dem Plakat hinter ihr!
Tatsächlich, wir trafen hier Shrimati Chanda, Besitzerin und Initiatorin des Padmavati Tempels!
Freundlich lächelnd kam sie mit ausgestreckten Armen auf uns zu und begrüßte uns wie alte Bekannte. Sie fragte uns, wer wir seien und wo wir herkämen. Dann erzählte sie, dass sie vor langer Zeit eine Vision gehabt hätte, als sie hier, auf dem Feld ihrer Familie, auf dem Weg zum Brunnen vorbeikam. Seit damals sei es ihr größter Wunsch gewesen, an dieser Stelle einen Tempel zu Ehren der Padmavati, der Begleiterin des 23. Tirthankara Parshvanath, zu errichten. Immer wieder habe sie Ermutigung erfahren, wenn es wieder einmal so aussah, ihr Ziel niemals erreichen zu können. Doch im Laufe der Zeit hätten ihr immer mehr Menschen zugehört und ihr Vorhaben mit anfangs sehr kleinen, schließlich immer größeren Geldspenden unterstützt. Zwei Jahre bevor wir sie an diesem Sonntag trafen, sei der erste Spatenstich für den Rohbau gemacht worden, und nun sei die Fertigstellung auch nicht mehr weit. Auf die Frage, welche Botschaft sie für Menschen habe, die sich dafür interessieren, antwortete sie: „Jeder soll seinem Traum treu bleiben, wenn dieser ein konkretes Vorhaben beinhaltet, und sich nicht entmutigen lassen, wenn viel Zeit bis zur Realisierung vergeht, und vor allem sich auch dann nicht beirren lassen, wenn viele darüber lachen.“
Bevor es nach Jodhpur zurückging, gab es noch ein Foto.
Hier entsteht ein komplett neues Stadtviertel von Jodhpur,…
…das noch außerhalb der Stadt liegt.
Die Stadtgrenze
Werden bei der rasanten Entwicklung der Stadt Haus und Straße auch im nächsten Jahr noch hier sein?
Als wir ins Haus der Suranas in Sardarpura zurückkamen, war es gegen 13:00. Die Familie Surana lud uns bei sich zum Mittagessen ein. Anschließend unterhielten wir uns noch. Auf einmal kam Shri Surana mit einer wunderschönen Mahavirastatuette aus Marmor ins Zimmer und schenkte sie uns! Wir waren sehr überrascht und bewegt. Dazu schenkte er uns das Buch seines Schwagers Prakash Sancheti „Navkar Mahamantra“ über den Namokar Mantra mit Erläuterungen zu dessen Bedeutung und der anderer Jaina Werte, insbesondere Ahimsa und Achtung vor dem Leben in allen seinen Formen. Die Genehmigung zur Veröffentlichung in HereNow4U erhielten wir auch. Das Buch ist in den Sprachen Hindi und Englisch abgefasst.
Wir bedanken uns mit vollen Herzen bei der Familie Surana für die gemeinsamen Ausflüge und die damit verbundenen unvergesslichen Erinnerungen an Jodhpur.