Dieser Sonntag war der letzte Tag unseres Aufenthaltes in Jodhpur. Am darauffolgenden Montag ging unser Flug nach Delhi am frühen Nachmittag, wo wir im Kendra übernachteten und uns von unseren Freunden dort verabschieden konnten. Am Dienstagvormittag brachte uns Swami Dharmananda zum Flughafen, und wir flogen dann von Delhi nach Dubai, der letzten Station dieser Reise, bevor es nach Berlin zurückging. Doch zurück nach Jodhpur, wo wir am Sonntagmorgen noch einmal mit Familie Surana verabredet waren. Gegen 09:00 h holte uns Saurabh Surana von unserem Hotel in der Nähe des Bahnhofs ab und brachte uns zum im Bau befindlichen neuen Stadthaus der Familie, wo wir auch seine Eltern trafen. Nach kurzem Aufenthalt ging es in das alte Haus der Familie im Bezirk Sardarpura der Stadt Jodhpur und von dort in südlicher Richtung die NH65 stadtauswärts.
Die Straße schlängelte sich durch Felder und Wiesen, teilweise von Mauern oder Dornenhecken gesäumt. Am Ende einer besonders langgestreckten Mauer aus roten Ziegelsteinen hielten wir an. Lächelnd erklärten uns Vater und Sohn Surana, dass ein großer Teil des Landes links der Straße in der 3. Generation im Besitz der Familie sei. Der Großvater von Saurabh Surana, Shri Mohanraj Surana, und sein jüngerer Bruder, Shri Sohan Surana, beide sehr erfolgreiche und in Jodhpur sehr bekannte Bauunternehmer, hatte den ausgedehnten Grundbesitz der Familie erworben. Shri Devendra und Saurabh Surana erzählten, dass sie diese Strecke jeden Sonntag abfahren würden mit dem immer selben Ziel, zu dem wir nun auch unterwegs waren. Nach ungefähr 28km kamen wir in den Ort Kankani und bogen kurz vor Ausgang des Ortes in die vergitterte Einfahrt zu einem Tempel ein. Von innen bewegte sich jemand auf das Tor zu, öffnete es und schloss es hinter uns wieder.
„Willkommen im Tribhuvan Parshvanath Jain Tempel,“ sagte Shri Surana, „unserem Familientempel, den mein Onkel Shri Sohan Surana gebaut hat. Ich möchte euch einige besonders interessante Stücke hier zeigen.“ Interessante Stücke klang sehr vielversprechend, und wir folgten erwartungsvoll unseren Gastgebern.
Kankani Tribhuvan Parshvanath Jaina Tempel
Eingang zum Tribhuvan Parshvanath Jaina Tempel
Der Tempel aus weißem Marmor strahlte buchstäblich aus der hier sehr sandigen Landschaft. Umsäumt von einer weiß gekalkten Mauer beherbergt dieses erst vor kurzem fertiggestellte Kleinod tatsächlich einige ausgesucht interessante Stücke. Bevor hier der Tempel errichtet wurde, standen auf dem Grundstück je ein Wohn- und Verwaltungsgebäude. Mit der Nachbarschaft gab und gibt es keine Probleme, denn das Nachbargrundstück gehört auch Shri Sohan Surana. Manchmal, so erzählten uns unsere Gastgeber, ist ein Gelände für die Errichtung eines Jaina Tempels nicht geeignet, weil die Nachbarn ihr Grundstück in einer Weise nutzen, die Himsa beinhaltet. Weitere Details haben wir leider auch auf Nachfrage nicht genannt bekommen.
Der Tempel ist nicht nur nach dem 23. Tirthankara Parshvanath benannt, sondern hat noch den Namenszusatz „Tribhuvan“. Tribhuvan bedeutet Kenntnis der drei Welten: Himmel, Erde, Unterwelt. Wird dieser Begriff dem Namen eines Tirthankara zugeordnet, wird damit betont, dass dieser über Erkenntnispotential verfügt, das alle 3 Welten umfasst.
Geht man die Treppe hinauf zum Tempel und passiert, wie in allen Jaina Tempeln, die drachenbewehrte Schwelle, erblickt man in der kreisförmigen Haupthalle des kleinen Tempels eine bemerkenswerte Ansammlung von Tirthankara, Dada Guru und Ganesha Skulpturen, liebevoll mit frischen Rosenblüten geschmückt:
Mulnayak 23. Tirthankara Parshvanath
23. Tirthankara Parshvanath
01. Tirthankara Rishabnath
16. Tirthankara Shantinatha
Gott Ganesha mit einer Haube aus 3 Schlangen, eine davon trägt eine goldene Haube, einem Kobrasymbol auf dem Rüssel, sowie 2 Schlangen, eine Ratte und einen Tiegel in den Händen haltend, sitzt auf einer Schildkröte, Symbol für über die 5 Sinne hinausreichende Wahrnehmung.
Der Blick nach oben: Decke der kleinen Haupthalle
Der Blick nach unten: Marmorintarsien im Boden vor dem Garbhagriha, davor eine mit Jaina Symbolen verzierte silberne Truhe
Der Blick nach draußen: Antike Hanuman Statue vor dem Tempel
Detailansicht der Bronzestatue des Hanuman
3 Dada Gurus
3 Dada Gurus
Handgearbeitete Kacheln mit Jaina Symbolen
Massive Holztür mit Schnitzarbeiten
Parshvanath Altar in einem Nebengebäude, in dem vor Fertigstellung des Tempels die Andacht gehalten wurde.
Das Eingangstor von einem Nebengebäude aus gesehen
Im Schatten der Bäume gab es frisches Wasser und Tee. Saurabh Surana (r) streichelt seinen Hund, der auf dem Tempelgrundstück seinen Dienst tut, denn…
…es ist ein echter deutscher Schäferhund!
Bevor es weitergeht, genießen wir die den Tempel umhüllende Stille. Nicht einmal der Hund hat gebellt.