Der nächste Tag war unser letzter in der „goldenen Stadt“ Jaisalmer. Den wollten wir für einen Stadtbummel nutzen. Die letzten Tage waren doch etwas anstrengend gewesen, und so ließen wir den Tag langsam angehen. Ein bisschen länger schlafen, in aller Ruhe frühstücken, und dann die Stadt entdecken. Nicht auf dem Weg zu einer Besichtigung oder einem Vorhaben, sondern mit ihrem Leben und ihren Menschen im Mittelpunkt. Wir überquerten den Platz um die Ecke von unserem Hotel und gingen durch ein großes Tor in Richtung Fort. Zu Fuß kann man sich nur wundern, wie sich hier Motorrikschas, Tiere und Menschen aneinander vorbei bewegen sollen. Die Straßen, wohl eher Gassen, sind recht eng. Was sich durch das Klima erklärt. Während der heißen Sommermonate von April bis August gibt es nicht selten Höchsttemperaturen von 42°C, die nachts auf 25°C sinken. Dicht stehende Häuser spenden eben Schatten in den Gassen.
Während der Wintermonate von Mitte November bis Ende Februar steigen die Tagestemperaturen nicht höher als 25°C und können nachts bis auf 7°C sinken. In der Jaisalmer Region der Wüste Thar gibt es so gut wie keinen Monsun, die Niederschlagsmenge beläuft sich auf 15 Kubikzentimeter pro Quadratmeter im ganzen Jahr. Nichtsdestotrotz kann es plötzlich regnen.
Altstadtgasse in Jaisalmer
Ein schönes Plätzchen zum Zeitunglesen
Lila Balkontüren und Fenster fallen auf
Die ganze Stadt hat etwas Provisorisches. Überall wird gebaut, und manchmal weiß man nicht, ob das Haus noch nicht fertig gebaut ist oder schon dem Verfall preisgegeben. Kein Wunder, wenn man bedenkt, wie die Bevölkerung dann doch in den vergangenen Jahrzehnten wieder angewachsen ist. So schienen auch viele Landbewohner in die Stadt gekommen zu sein, um hier ihr Glück zu versuchen. Auf dem Land gibt es kaum Arbeitsplätze. Auch liegt es nicht zuletzt daran, dass Jaisalmer ein beliebtes Touristenziel geworden ist. Sogar der Rhythmus der Stadt hat sich dem der Besucher angepasst. Während man als Europäer in Indien eher staunt, wie früh die Menschen hier auf den Beinen sind und anfangen zu arbeiten, waren viele Läden in Jaisalmer noch geschlossen, als wir unseren Rundgang begannen. Erst gegen Mittag belebten sich die Gassen mit Kundschaft und anderen Neugierigen wie uns.
Stoffgeschäft mit benachbarter Schneiderei in der Altstadt
Das Stoffgeschäft in dem halbfertigen Haus hat schon geöffnet
Auch hier gehört eine Kuh zum Stadtbild
Viele der neugebauten Häuser haben traditionelle Fassaden, für die Jaisalmer bekannt geworden ist. Die Havelis hatten diese Tendenz offensichtlich unterstützt. Jeder kann sehen, wie sehr diese die Touristen interessieren.
Sorgsam werden Obst und Gemüse ausgebreitet und appetitlich aufgestapelt
Auf dem Platz vor dem letzten Tor zum Fort war schon mehr Leben vor der imposanten Kulisse
Das Handwerk ist schon lange bei der Arbeit!
Auch die Kundschaft ist mittlerweile unterwegs
Überall sieht man eilig errichtete halbfertige Häuser, in denen meistens Restaurants oder Stoffläden untergebracht sind. Der Tourismus scheint in der Wüstenstadt die Funktion der Karawanen übernommen zu haben, Lebensunterhalt für viele zu gewährleisten. Hoffentlich zieht diese Karawane nicht so schnell wieder weiter, sondern wird zur verlässlichen Lebensgrundlage vieler. Dem Stadtbild würde eine Fertigstellung der vielen Neubauten gut bekommen, und ihren tapferen Bewohnern ist zu wünschen, dass sie sich nicht unterkriegen lassen durch die Invasion der Besucher. Vielleicht wird ja der seit 2 Jahren fertiggestellte Flughafen auch für den zivilen Flugverkehr demnächst geöffnet. Gedankenverloren kehrten wir ins Hotel zurück.
Jag, Besitzer des Hotels Australia Blue International, geboren und aufgewachsen in Jaisalmer, und auch wieder dorthin aus Australien zurückgekehrt.
Wir besprachen mit Jag unsere für den nächsten Morgen vorgesehene Abreise. Wir wollten mit dem Auto bequem von Jaisalmer nach Jodhpur fahren und hatten dafür wieder über ihn ein Auto mit Fahrer (Linksverkehr mit für Fremde undurchsichtigen Verkehrsregeln) gemietet. Zug oder Bus hätten uns nur ziemlich umständlich oder zu unpassenden Zeiten ans Ziel gebracht. Für Jodhpur gab uns Jag noch die Telefonnummer einer mit ihm gut befreundeten Jaina Familie. Wir waren gespannt, ob wir sie in der Stadt treffen könnten. Dass sie in Jodhpur waren, wussten wir. Doch davon später mehr. An diesem letzten Abend wollten wir nun den ultimativen Sonnenuntergang von Suri Dungar aus beobachten. Das Wetter war optimal, wir mussten nur noch zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein.
An diesem Hotel konnten wir nicht einfach vorbeigehen.
Und riskierten einen Blick in den farblich so ansprechend gestalteten Innenhof.
An der Hauptstraße links, vorbei am Hotel Foto oben, bis zum Fuß der Treppe! Wir waren nicht die einzigen, die an diesem Abend Suri Dungar zum Ziel hatten.
Woher diese fliegenden Händler wohl kamen? Plötzlich waren sie da und boten ihre perfekt auf die Mehrheit der Klientel abgestimmten Waren an.
Doch der Blick auf die zu unseren Füßen sich ausbreitende Stadt und die Hügel am Horizont mit der untergehenden Sonne darüber fesselte unsere Aufmerksamkeit.
Sonne mit Heiligenschein und zwei vorbeifliegenden Vögeln
Dafür lohnen sich 3 Anläufe, oder?