Im Kendra erfuhren wir, dass Samanis aus Bangkok angekommen sind. Da es gerade ihre Essenszeit war, beschloss ich, sie etwas später aufzusuchen. Nur während der Essenszeiten sind sie tagsüber ungestört, sonst führen sie ein Leben in der Öffentlichkeit. Das heißt, dass sie jederzeit für jeden zu sprechen sind. Wenn sie gerade unterwegs sind, weiß bestimmt jemand, wo sie zu finden sind, bzw. wann sie wieder zurück sein werden. So auch hier, ihre Ankunft war lange, bevor sie selbst eintrafen, bekannt. Diese Transparenz vermittelt ein Gefühl von Vertrauen zu den „Heiligen“, wie sie von den Laien genannt werden. Auch liegt darin Respekt vor den Fragenden, deren Anliegen so ernst genommen werden, dass alle verfügbaren Auskünfte über sie erteilt werden. Gerne wollte ich die Samanis begrüßen, vielleicht kannte ich sie ja sogar. Wenn nicht, wollte ich sie gern kennenlernen. Es ist immer wieder ein besonderes Erlebnis, ihnen zu begegnen. Sie sind zu allen so, als wären sie schon seit langem mit ihnen befreundet und begrüßen jeden auch dementsprechend. Sie leben die Lehren ihrer großen Lehrer im Alltag des 21. Jahrhunderts und bringen Sonne hinein. Für sie ist es selbstverständlich im wahrsten Sinne des Wortes, dass es sich durch Kenntnis des Selbst versteht, universelle Freundlichkeit allen Lebewesen gegenüber zu praktizieren und niemanden als Feind anzusehen. Selbst, wenn sich jemand nicht wie ein Freund benimmt, entsprechend der eigenen ethischen Maßstäbe handeln. Keine reaktiven Impulse und nicht gleiches mit gleichem vergelten.
Samani Chaitya Pragya (l), Samani Agam Pragya
Die Samanis hatten in Bangkok als Vertreterinnen der dortigen Jaina Gemeinde an der World Interfaith Harmony Week (Weltweite Woche der interreligiösen Harmonie vom 1. bis 7. Februar 2013) der Vereinten Nationen teilgenommen. Die NGO Universal Peace Federation (Bündnis für den Frieden weltweit) Thailand hatte in diesem Zusammenhang Repräsentanten verschiedener Religionen und hochrangige Politiker zu einer Abschlussveranstaltung mit dem Thema „Interreligiöse Grundlagen für die Festigung von Familien“ eingeladen. Nun machten sie auf dem Weg nach Tapra Zwischenstation in Delhi. Leider hatten wir nicht viel Zeit für ein ausgiebiges Gespräch, doch war es ein sehr schönes Wiedersehen mit zwei Teilnehmerinnen meines Deutschkurses 2007 an der JVB Universität in Ladnun.
Am Abend wollten wir mit Swami Dharmananda zusammen den Zug nach Balotra nehmen und von dort weiter nach Tapra. Es war noch einiges zu erledigen, Kofferpacken, ein bisschen ausruhen und Verabschieden. Die Zugfahrkarten hatte Swami Dharmananda schon lange vorher für uns alle besorgt, Liegewagen 2. Klasse AC (mit Air Condition). Zur Auswahl stehen 1. Klasse AC, 2. Klasse AC, jeweils auch als Liegewagen buchbar, 2. Klasse und 3. Klasse, die man bei uns früher die Holzklasse nannte. Ab 2. Klasse wird es für Touristen entweder erst richtig interessant oder gewöhnungsbedürftig, je nachdem, wie viel landestypische Kontakte man unterwegs haben möchte. Empfehlenswert für Kontakte zu Studenten, Arbeitern, Bauern, einfachen Händlern, Musikern sowie einer bunten Vielfalt ungewöhnlicher Menschen ist die 3. Klasse, denn an den einzelnen Haltepunkten steigen viele Fahrgäste aus und neue ein. Hier lernt man die einfachen Leute des Landes von ihrer gastfreundlichen Alltagsseite her kennen und hat mit Sicherheit eine Menge Spaß. Auch wenn niemand der Mitreisenden englisch spricht. Fast umso besser!
18:07h war die Abfahrtszeit des Zuges vom Bahnhof Delhi Cantt. Cantt ist eine Abkürzung von Cantonment. Cantonments waren Stützpunkte der britisch-indischen Armee in Delhi und Ahmedabad, Gujarat. Delhi Cantt. ist seit der Unabhängigkeit das Hauptquartier der indischen Armee mit vielen dazugehörigen Einrichtungen wie dem Armeekrankenhaus und affiliierten Forschungseinrichtungen, sowie Wohnviertel für Armeeangehörige mitsamt Kindergärten und Schulen, kurz, man passiert auf dem Weg zum Bahnhof Cantt. eine kleine Stadt. Vom Kendra ist der Bahnhof ungefähr 21km entfernt und durchschnittlich nach einer Stunde Fahrzeit zu erreichen. Swami Dharmananda sagte uns, dass der Zug nicht lange in Cantt. halten würde und empfahl deshalb, sich zeitig auf den Weg zu machen. So verließen wir aus Sorge um das um diese Zeit stetig wachsende Verkehrsaufkommen schon um 16:00 das Kendra und sahen die Gebäude der Delhi Cantt. Railway Station bereits um 17:00h vor uns auftauchen. Es war alles glatt gegangen, und das vermittelte das gute Gefühl, rechtzeitig am Bahnhof zu sein, wenn der Zug nicht lange halten wird.
Delhi Cantt. Railway Station, Blick auf die Gleisanlagen, die häufig von Fahrgästen überquert werden.
Bald kommt ein Zug, der Bahnsteig füllt sich. Im Hintergrund die Fußgängerbrücke zu den Bahnsteigen.
Während der Zug sich mit lautem Signalton nähert, stellen sich die Passagiere auf. Manche steigen auf der dem Bahnsteig gegenüberliegenden Seite der Schienen ein.
Auch dieser Zug hält nicht lange hier. Beim Einsteigen bitte beeilen!
Bevor die letzten eingestiegen waren, fuhr der Zug schon sanft an.
Alle kennen das, und auch dieses Mal blieb niemand auf dem Bahnsteig zurück. Danach war es wieder locker, wir hatten ja noch fast eine halbe Stunde Zeit. Wir tranken Tee und unterhielten uns entspannt.
Carla Geerdes, Swami Dharmananda
Allmählich rückte die Abfahrtszeit heran, und ich erkundigte mich bei Swami Dharmananda, wie lange der Zug eigentlich hält und wo denn wohl unser Wagen sein würde. Die Antwort lautete: „Zwei Minuten! Das weiß man nicht so genau. Wir wissen nur, dass der Zug auf diesem Bahnsteig ankommen wird. Aber ich habe jemanden gefragt und denke da hinten.“ Swami Dharmananda zeigte rechts von uns den Bahnsteig entlang. Kein Bahnoffizieller in Sicht. Die sind nur am Startbahnhof des Zuges, dort steht der Zug bis zu einer Stunde vor der Abfahrt. Unser Zug startet um 17:30 in Old Delhi Junction, ca. 27km vom Kendra entfernt, was absolut gesehen nur 6km Unterschied macht. Relativ gesehen ist die Fahrt mit dem Auto dorthin wegen des starken Verkehrsaufkommens allerdings nicht zu empfehlen. Mir fuhr durch den Kopf, dass wir uns ganz schön beeilen müssen.
Video:
Als der Zug in Sicht kam, liefen wir alle nach rechts, in Richtung Ende des Zuges. Nun handelt es sich aber bei diesem Zug um eine Besonderheit, denn eigentlich sind es zwei Züge. Einer endet in Jaisalmer und hält nicht in Balotra, einer in Barmer via Balotra. Wir suchten also nicht nur unseren Wagen mit den reservierten Liegeplätzen, sondern auch noch den richtigen Teil des Zuges. Es gab nämlich alles zweimal! Zweimal 2. Klasse AC, etc… Na ja, dann mal losrennen! Doch als wir fast am Ende des Zuges angelangt waren und einen Zugschaffner fragten, schickte der uns in die entgegengesetzte Richtung. Wir waren am falschen Ende des Zuges! Als wir das realisierten, erklang der Abfahrtspfiff. Schnell in den Zug, das Gepäck hineinwuchten und erst einmal verschnaufen. Wir standen im Gang, der Zug ratterte immer schneller, was tun? Da half gar nichts, der nächste längere Halt von 2 Minuten kam erst in mehr als einer Stunde! Vorher hielt der Zug nur kurz, gefühlte Sekundenbruchteile.
Ich fragte schüchtern, ob wir denn nicht im Zug zu unserem Wagen vorlaufen könnten und erhielt die Antwort, dass wir es versuchen könnten. Auf diese Weise kamen wir ganze vier oder fünf Wagen in Richtung Zugspitze voran. Wir wähnten uns schon ganz nahe der Liege, auf der wir uns endlich ausstrecken wollten, doch kamen erst einmal nicht weiter. Die Verbindungstür zum nächsten Wagen war verschlossen! Ein freundlicher Bahnangestellter half uns, sie zu öffnen. Doch kaum war sie offen, purzelten uns buchstäblich die Leute entgegen. Der nächste Waggon war Holzklasse und überbucht. Nicht alle hatten Sitzplätze. Der Zug wurde, wie wir erfuhren, auch von vielen Pendlern benutzt. Aha. Sie brauchten wohl keinen Platz, hieß das. Aber was war mit uns? Beim nächsten Halt (30 Sekunden) schnellte jemand mit zwei großen Koffern und einer Tasche in den Gang. Aha, auch er. Er wollte allerdings vorher versuchen, zu seinem Wagen, der auch unser Wagen war, zu kommen. Sportlich genug sah er aus.
Nach einem weiteren Gespräch mit dem freundlichen Bahnmitarbeiter erfuhren wir freilich, dass unser Wagen keineswegs der übernächste, sondern ganze neun Wagen weiter sei. Die Züge in Indien sind sehr lang! Das hatte niemand ahnen können! Wagenstandsanzeiger gibt es nicht, und niemand zum Fragen in der Nähe. Na gut, also noch eine gute Stunde stehen. Schließlich erreichten wir den Bahnhof um 19:38h, was Swami Dharmananda zu der frohlockenden Bemerkung: „Wir sind zu früh!“ veranlasste. Abfahrt war auf jeden Fall um 19:45h, also hatten wir 7 herrliche lange Minuten Zeit, um an die Spitze des Zuges zu laufen.
Rewari Junction war die Rettung. Wir schafften es in unseren Wagen, und kurz vor der Abfahrt kam auch der sportliche Mitreisende noch angekeucht. Doch als wir an unsere Plätze im Liegewagen gelangten, erlebten wir zwei Überraschungen. Die Plätze waren bereits neu vergeben worden, doch an sehr nette Mitreisende, die uns die Plätze sogleich wieder überließen, nachdem sie unsere Geschichte gehört hatten. So konnten wir uns vor Balotra doch noch ausstrecken und ein bisschen schlafen, bevor der Tag graute.
Für diesen Artikel haben wir die Hintergründe unseres Bahnhofsabenteuers herausgefunden. Der Zug wird früh um 04:45h in Jodhpur geteilt. Eine Hälfte fährt weiter nach Jaisalmer, die andere nach Barmer via Balotra. So einfach kann das sein. Doch dank dieser kleinen Aufregung fanden wir diesen herrlichen Fahrplan, und mit ihm die Gründe für den Schrecken in der Abendstunde. Für Eisenbahnfreunde und Gedankenreisende empfehlen wir, die Links zu den einzelnen Stationen einmal anzuklicken und unsere Route auf der Karte zu verfolgen. Viele Fotos von Bahnhöfen, Zügen und eine Googlemap für den Bahnhof. Eine tolle Website der indischen Eisenbahngesellschaft, es gibt viel zu entdecken und sagt auch eine ganze Menge über den Subkontinent. Die Züge fahren nämlich fast immer pünktlich ab. Viel Spaß dann!
Fahrplan: Zug B) #14659-Slip
A) Delhi – Jodhpur – JaisalmerZug #14659
http://indiarailinfo.com/train/delhi-jaisalmer-express-14659-dec-to-ju/15108/351/126 B) Delhi – Jodhpur – Barmer über Balotra
Zug #14659-Slip --> wird in Jodhpur abgekoppelt
http://indiarailinfo.com/train/delhi-jaisalmer-express-slip-14659-slip-dec-to-ju/15109/351/126
# | Code | Station Name | Arrives | Departs | Halt | PF | Day# | Km | Speed | Elev | Zone | Address |
1 | DLI | Old Delhi Junction | 17:30 | -- | 1 | -14.1 | 15 | 219m | NR | Near Chandni Chowk Metro Station, Delhi NCT | ||
2 | DEE | Delhi Sarai Rohilla | 17:48 | 17:50 | 2m | -- | 1 | -9.7 | 39 | 226m | NR | New Rohtak road, Delhi NCT |
3 | DEC» | Delhi Cantt.» | 18:05 | 18:07 | 2m | -- | 1 | 0.0 | 32 | 217m | NR | Delhi, Delhi NCT |
4 | PM | Palam | 18:14 | 18:16 | 2m | -- | 1 | 3.8 | 57 | 222m | NR | Sadh Nagar I, Delhi NCT |
5 | GGN | Gurgaon | 18:30 | 18:32 | 2m | -- | 1 | 17.2 | 66 | 217m | NR | Gurgaon, Haryana |
6 | GHH | Garhi Harsaru | 18:41 | 18:43 | 2m | -- | 1 | 27.0 | 79 | 219m | NR | Gurgaon, Haryana |
7 | PTRD | Pataudi Road | 18:58 | 19:00 | 2m | -- | 1 | 46.8 | 67 | 227m | NR | Hailley Mandi, Haryana |
8 | KIP | Khalilpur | 19:10 | 19:12 | 2m | -- | 1 | 58.0 | 20 | 235m | NR | State Highway 26, Haryana |
9 | RE | Rewari Junction | 19:43 | 19:45 | 2m | 11 | 1 | 68.5 | 65 | 245m | NWR | Rajput House, Haryana |
10 | BWL | Bawal | 19:59 | 20:01 | 2m | -- | 1 | 83.7 | 87 | 266m | NWR | Bawal, Haryana |
11 | HSI | Harsauli | 20:18 | 20:20 | 2m | -- | 1 | 108.3 | 52 | 286m | NWR | Harsoli, Rajasthan |
12 | KRH | Khairthal | 20:29 | 20:31 | 2m | 2 | 1 | 116.1 | 86 | 305m | NWR | Khairthal, Rajasthan |
13 | AWR | Alwar Junction | 20:50 | 20:52 | 2m | -- | 1 | 143.3 | 72 | 267m | NWR | Alwar, Rajasthan |
14 | MKH | Malakhera | 21:08 | 21:10 | 2m | -- | 1 | 162.4 | 73 | 265m | NWR | Mala Khera, Rajasthan |
15 | RHG | Rajgarh | 21:24 | 21:26 | 2m | -- | 1 | 179.4 | 45 | 303m | NWR | Rajgarh, Rajasthan |
16 | BU | Baswa | 21:42 | 21:44 | 2m | -- | 1 | 191.3 | 69 | 291m | NWR | Alwar, Rajasthan |
17 | BKI | Bandikui Junction | 21:55 | 21:57 | 2m | -- | 1 | 203.9 | 79 | 283m | NWR | Bandikui, Rajasthan |
18 | DO | Dausa | 22:19 | 22:21 | 2m | 1 | 1 | 232.7 | 70 | 333m | NWR | Dausa, Rajasthan |
19 | GADJ | Jaipur Gandhinagar | 23:09 | 23:11 | 2m | -- | 1 | 288.7 | 14 | 426m | NWR | Jaipur, Rajasthan |
20 | JP | Jaipur Junction | 23:35 | 23:45 | 10m | 2 | 1 | 294.2 | 85 | 434m | NWR | ,Jaipur, Rajasthan |
21 | JOB | Asalpur Jobner | 00:11 | 00:13 | 2m | -- | 2 | 330.9 | 41 | 379m | NWR | Jaipur, Rajasthan |
22 | FL | Phulera Junction | 00:40 | 00:42 | 2m | -- | 2 | 349.2 | 80 | 387m | NWR | Phulera, Rajasthan |
23 | NAC | Nawa City | 01:08 | 01:10 | 2m | -- | 2 | 384.0 | 69 | 390m | NWR | Nawa, Rajasthan |
24 | MKN | Makrana Junction | 01:36 | 01:38 | 2m | -- | 2 | 413.8 | 69 | 423m | NWR | Makrana, Rajasthan |
25 | DNA | Degana Junction | 02:16 | 02:18 | 2m | -- | 2 | 457.2 | 51 | 339m | NWR | Degana, Rajasthan |
26 | MTD | Merta Road Junction | 03:10 | 03:15 | 5m | -- | 2 | 501.3 | 81 | 322m | NWR | Phalodi, Rajasthan |
27 | GOTN | Gotan | 03:30 | 03:32 | 2m | -- | 2 | 521.4 | 93 | 323m | NWR | Gotan, Rajasthan |
28 | RKB | Raika Bagh | 04:24 | 04:26 | 2m | -- | 2 | 602.2 | 7 | 237m | NWR | Jodhpur, Rajasthan |
29 | JU• | Jodhpur Junction• | 04:45 | 05:05 | 20m | -- | 2 | 604.5 | 44 | 241m | NWR | Jodhpur, Rajasthan |
30 | BANE | Basni | 05:14 | 05:16 | 2m | -- | 2 | 611.2 | 76 | 219m | NWR | Jodhpur, Rajasthan |
31 | LUNI | Luni Junction | 05:36 | 05:44 | 8m | -- | 2 | 636.4 | 64 | 180m | NWR | Luni, Rajasthan |
32 | SMR | Samdhari Junction | 06:30 | 06:45 | 15m | -- | 2 | 685.1 | 51 | 136m | NWR | Barmer, Rajasthan |
33 | BLT | Balotra Junction | 07:24 | 07:26 | 2m | -- | 2 | 718.0 | 54 | 114m | NWR | Balotra, Rajasthan |
34 | BUT | Baytu | 08:22 | 08:24 | 2m | -- | 2 | 768.0 | 80 | 154m | NWR | SH40, Rajasthan |
35 | UTL | Utarlai | 08:52 | 08:54 | 2m | -- | 2 | 805.3 | 10 | 160m | NWR | Barmer, Rajasthan |
36 | BME | Barmer | 09:45 | -- | 2 | 814.2 | - | 193m | NWR | Barmer, Rajasthan |
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