Eingang zur Konferenz
Christian Geerdes, Carla Geerdes, Manish Kuhar, Mitglied des Organisationsteams
Diese Helferinnen hießen alle Teilnehmer mit dem Platzieren eines Punktes aus Safranpaste auf der Stirn traditionell willkommen. Danach hängten sie jedem eine hangearbeitete Kette aus grünlich schimmernden Kernen um, die mit roten Bändern verziert waren. Bei Jain Veranstaltungen werden niemals Schnittblumen, wie sonst in Indien üblich, verwendet wegen Ahimsa
Vom 26. - 28.09.2014 fand in Delhi im Rahmen der Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag des 9. Jain Svetambara Terapanth Acharya Tulsi die erste Anuvrat Internationale Konferenz statt. Aus diesem Anlass trafen sich auf Einladung der Organisatoren rund 35 internationale Teilnehmer aus 3 Kontinenten, Europa, Asien, Amerika, sowie ca. 20 nationale Teilnehmer aus Indien zu folgenden Themenkreisen:
- Relevanz von Anuvrat im täglichen Leben
Die Anuvratbewegung war am 1. März 1949 von Acharya Tulsi als globale, nicht-religiöse Bewegung für Individuen weltweit ins Leben gerufen worden als Antwort auf die Abwürfe von Atombomben 1945 über Hiroshima und Nagasaki und die Millionen von Kriegsopfern des Zweiten Weltkrieges. Der genannte Themenkreis befasst sich mit Relevanz und Bedeutung einer derartigen Bewegung 55 Jahre nach ihrer Gründung. Durch das Ablegen sogenannter kleiner Gelübde (Anuvratas: Anu = klein wie ein Atom) erklären die gelobenden Individuen, die in den 10 Anuvratas aufgeführten, selbst gewählten ethischen Maßstäbe zur Grundlage ihres Handelns im sozialen Leben.
- Ökologie und Umweltschutz
Umweltschutz kann auch der Einzelne praktizieren, beispielsweise durch achtsamen Umgang mit Dingen, die uns allzu oft als selbstverständlich erscheinen in Ländern, wo beispielsweise sauberes Wasser bequem aus einem Hahn oder mehreren Hähnen in der Wohnung jederzeit entnommen werden kann. 2010 erst wurde der Zugang zu sauberem Wasser in der Resolution 64/292 der UN-Vollversammlung als Menschenrecht anerkannt. In der Praxis bedeutet das, kein Wasser zu verschwenden und in dem Bewusstsein damit umzugehen, dass leider immer noch über 800 Millionen Menschen keinen Zugang zu sauberem Wasser haben. In einem weiteren Gelübde heißt es, dass man gelobt, keine Bäume zu fällen.
- Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft
Unser aller Überleben und das künftiger Generationen ist nur durch verantwortungsvollen Umgang mit unserem Planeten, bzw. seinen Lebewesen, Ressourcen, Rohstoffen, sowie Wasser und Luft, und all das berücksichtigende umwelt- und lebewesenschonende Produktion gewährleistet. Anstatt Rohstoffe an die Produktion kurzlebiger Konsumgüter zu verschwenden, die nach Gebrauch zum Anwachsen immer größerer Abfallmengen auf dem Planeten beitragen, ist die nachhaltige Wirtschaftsform der Kreislaufwirtschaft besser dazu geeignet, nicht nur uns, sondern auch unseren Nachkommen Wohlstand, Annehmlichkeiten und ein Leben in Würde zu ermöglichen.
Carla Geerdes gratuliert Vikas Chhajer, dem Generalbevollmächtigten der Gemini Corporation für die Ausrichtung der Konferenz, zu seiner gelungenen Arbeit und zu seinem hervorragenden Team. Im Hintergrund unterhält sich Dr. Peter Flügel, SOAS London,UK, mit Gordon Anderson, JVB New Jersey, USA
Man kann bereits anhand des unterschiedlichen Hintergrundes der Teilnehmer (Liste und Biografien der Konferenzteilnehmer in englischer Sprache: http://www.herenow4u.net/index.php?id=100929) sowie an der Wahl der Themen erkennen, dass dieses Treffen nicht nur deshalb ungewöhnlich interessant war, weil qualifizierte Menschen aus unterschiedlichen Bereichen der Wissenschaft, Wirtschaft und Spiritualität hier zusammenkamen und durch Schilderung der großen Herausforderungen unserer Zeit, bzw. deren Beantwortung aus ihrer Sicht in ihren Vorträgen zum Nachdenken anregten, sondern auch deswegen, weil viele den mentalen und spirituellen Hintergrund der Anuvratbewegung näher untersuchten. Acharya Tulsi hat mit der Anuvratbewegung Individuen weltweit ein Forum zur Verfügung gestellt, das dem Einzelnen als Individuum, unabhängig von seiner Zugehörigkeit zu einer sozialen oder religiösen Gruppe, dabei unterstützt, ein Bewusstsein davon zu entwickeln, dass es besonders in seiner Macht liegt, darüber zu entscheiden, was sein Handeln bestimmt und was es auf keinen Fall tut oder tun soll. Der Einzelne als Entscheidungsträger für die ethischen Grundlagen seines Lebens ist damit unabhängig von dem Konsens einer sozialen und religiösen Gruppe und übernimmt selbst die Verantwortung für sein Leben.
Surendra Borad Patawari, Vorsitzender der Gemini Corporation, begrüßt Sadhvi Mukhya Niyojika Vishrut Vibha zur Eröffnung der Konferenz, neben ihr Sadhvi Rajul Prabha, Sadhvi Tanmay Prabha. In der Reihe hinter ihr (v.l.) Samani Charitra Pragya, Rektorin JVBU Ladnun, spricht gerade mit Dr. Peter Flügel, SOAS, London, neben ihr Samani Niyojika Dr. Riju Pragya
Damit ist auch der zunehmenden Vereinnahmung durch die Verlockungen des Kapitals (Essenz einer materiellen Weltsicht) des (natürlich auch zeitgenössischen!) Menschen seit dem 20. Jahrhundert eine klare Absage erteilt und auch der weit verbreiteten Haltung, „Wenn ich es nicht tue, tut es ein anderer und verdient damit.“ Das Individuum verfügt damit über die Möglichkeit zur Wahl seiner Mittel und realisiert diese durch ein schlichtes, „Nein, so nicht, aber doch so!“ in Form der Gelübde. Die Gestaltung dieses einmalig gegenwärtigen Lebens nach den eigenen Maßstäben als Grundlage einer Lebenswirklichkeit des Tuns oder Lassens in einer weitgehend entfremdeten Welt bietet dem Individuum durch kleine Schritte die Möglichkeit, das größte zu bewegen und zu beeinflussen, das ein Mensch hat: sein eigenes Leben. Das soll er nicht einsetzen für eine Idee oder einen Führer, sondern selbst gestalten als Meilenstein auf dem Weg zu dem Ziel der eigenen Identität und dem Ort, an dem er heimisch werden kann und will, der geistigen Heimat.
Acharya Mahashraman
Das Forum der Anuvratbewegung ist offen für alle Menschen weltweit, die sich dazu entschlossen haben, an der Bildung ihres Charakters zu arbeiten und von allen Andere schädigenden Handlungen Abstand zu nehmen. Dazu braucht es Mut, Entschlossenheit und die Bereitschaft, auch kleine Trippelschrittchen als Schritte auf dem Weg zum Ziel als Voranschreiten zu verstehen. Wie oft sind Menschen an großen Ideen gescheitert, weil ihnen die Kraft zur dazu erforderlichen Stärke des Charakters fehlte. Doch wer einmal etwas geschafft hat, das schwerfällt, aber keine große Sache ist, (z.B. weniger Süßigkeiten oder Fast Food essen) weiß, wieviel Energie für weitere Vorhaben man aus so einem Sieg über die inneren Feinde schöpfen kann.
Der Weisheit, in Kenntnis der zum Weg des geringsten Widerstandes verführbaren Natur des Menschen sich darauf zu besinnen, dass einen auch kleine Schritte dem Ziel näher bringen, und jedes Anstreben eines Zieles mit dem ersten Schritt in dessen Richtung beginnt, kann nur Respekt gezollt werden. Auf dem Weg zum Vegetarismus beispielsweise kann der erste Schritt mit einem fleischfreien Tag pro Monat beginnen. Wenn man merkt, dass man das schafft, seine Essgewohnheiten einmal pro Monat umzustellen, gelingt das früher oder später auch zweimal und immer häufiger, bis man am Ziel ist. Wichtig ist dabei die Bereitschaft, etwas zu tun, das man für richtig hält, und die dazu nötigen Schritte so klein zu gestalten, dass man sie auch tun kann.
Terapanthin bei der sonntäglichen gemeinsamen Veranstaltung mit...
...den internationalen Teilnehmern der Konferenz
Maneka Gandhi, Kabinettministerin, Umweltschützerin, Tierrechtsaktivistin, Autorin, hielt einen viel beachteten, engagierten Vortrag über Umweltschutz und Tierrechte auf dieser Veranstaltung
Die Öffnung der Organisatoren nach außen durch den internationalen Rahmen und die Vielzahl der internationalen Redner der Konferenz, die in der Mehrzahl Multiplikatoren wie Universitätsprofessoren, Vertreter privater Forschungsinstitute, international angesehener Glaubensgemeinschaften oder Medien sind, haben erheblich dazu beigetragen, breitere Teile der internationalen Öffentlichkeit für den Lösungsansatz der individuellen, kleinen Schritte bezüglich der drängenden Probleme unserer Zeit zu interessieren. Surendra Borad Patawari bat die Teilnehmer mehrmals während und am Ende der Konferenz darum, sich Gedanken über „quantifiable results“ (quantitativ bestimmbare Ergebnisse) zu machen. Vielleicht bietet eine mögliche zweite Anuvrat Internationale Konferenz die Gelegenheit dazu, sich darüber auszutauschen.
Dr. Muhammed Muzzammil Cader, Sri Lanka, Prof. Dr. Christine Chojnacki, Lyon, Frankreich
Dr. Rudi Jansma, Repräsentant der Theosophischen Gesellschaft in Jaipur, Bircan Ünver, Light Millenium, NY, im Hintergrund "der amerikanische Gandhi", Bernie Meyer, ehemaliger katholischer Priester in Cleveland, Ohio, USA
Hinzuzufügen ist unbedingt, dass dem an Organisation und Durchführung der Konferenz beteiligten Team ein besonders herzliches Dankeschön gebührt. Alle sie haben mit ihrer Arbeit und unaufdringlichen Anwesenheit eine Atmosphäre geschaffen, welche die Konferenz in der Erinnerung nicht nur zu einem besonderen Erlebnis macht wegen der Vielzahl der geistigen Anregungen, sondern auch wegen ihrer Freundlichkeit und Fröhlichkeit, wann immer man ihnen begegnete, und ihrer Bereitschaft, einen in allem zu unterstützen oder alles zu regeln, was in ihrer Macht lag. „Guest is God,“ (in etwa: Der Gast ist Gott) wurde durch sie zu einer Wirklichkeit, an die alle sich gern erinnern.
Die Vielzahl der Beiträge hier zu besprechen, würde den Rahmen dieses Berichtes sprengen. Deshalb haben wir uns entschlossen, hier die Links zu der ausführlichen Video-Dokumentation, den verfügbaren Texten und den PPTs der Konferenz, sowie den Subkategorien anzubieten (Konferenzsprache: englisch):
- http://www.herenow4u.net/index.php?id=98893 (Komplette Doku)
- http://www.herenow4u.net/index.php?id=100990 (Pre-Conference)
- http://www.herenow4u.net/index.php?id=100991 (AIC ►Day 1)
- http://www.herenow4u.net/index.php?id=100992 (AIC ►Day 2)
- http://www.herenow4u.net/index.php?id=98893 (AIC ►Day 3)
- http://www.herenow4u.net/index.php?id=101092 (Post-Conference)
Anuvrat Verhaltenskodex
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Ich werde kein harmloses Lebewesen vorsätzlich töten.
Ich werde mir nicht das Leben nehmen.
Ich werde keinen Fötizid begehen. -
Ich werde niemanden angreifen.
Ich werde Aggression nicht unterstützen.
Ich werde mich für den Weltfrieden und Abrüstung einsetzen. -
Ich werde mich nicht an gewalttätigen Unruhen oder zerstörerischen Aktivitäten jedweder Art beteiligen.
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Ich glaube an die Einigkeit aller Menschen.
Ich werde niemanden wegen Kastenzugehörigkeit, Hautfarbe, Glaubensrichtung etc. oder als unberührbar diskriminieren. -
Ich werde religiöse Toleranz praktizieren.
Ich werde keine in sektiererische Rage entfachen oder unterstützen. -
Ich werde im Geschäftsleben wie in meiner gesamten Handlungsweise Rechtschaffenheit einhalten.
Ich werde niemals anderen schaden, um meine Ziele zu erreichen.
Ich werde nicht täuschen oder betrügen. -
Ich werde mich im Erwerb und der Anhäufung von Besitz mäßigen.
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Ich werde keine unethischen Praktiken in Wahlverfahren anwenden.
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Ich werde keine sozial schädlichen Sitten und Gebräuche unterstützen.
- Ich werde ein suchtfreies Leben führen.
Ich werde keine Rauschmittel wie Alkohol, Haschisch, Heroin, Tabak etc. zu mir nehmen.
- Ich werde immer darauf achten, der Umwelt nicht zu schaden.
Ich werde keine Bäume fällen.
Ich werde Wasser nicht verschwenden.