12.02.2013 Balotra - Tapra
Gegen 07:45h erreichten wir Balotra. Die Sonne war vor einer Weile aufgegangen und hatte schon die Baumwipfel rund um den Bahnhof überwunden. Auf der Suche nach einem Taxi merkten wir schnell, dass wir auf der falschen Seite des Bahnhofs waren. Über die Gleise oder außen herumlaufen, ordentlich durch den beschrankten Bahnübergang. Zu müde für Experimente und eventuelle Aufregungen, schließlich standen zwei Züge im Bahnhof, von denen einer in unsere Richtung weiterfahren würde. Das war der, aus dem wir gerade in den Morgen gestolpert waren.
Gerade fährt der Zug nach Delhi (r) ein. Der nach Barmer (l) hielt noch.
Swami Dharmananda war auch zum ersten Mal in Balotra.
Also überquerten wir brav am Übergang die Gleise und liefen mit unserem Gepäck beladen in die Richtung, in der wir ein Taxi zu finden hofften. Swami Dharmananda hatte schließlich Erfolg und einen akzeptablen Preis ausgehandelt, als ich ankam und froh war, mein Gepäck abladen zu können. So tuckerten wir mit einer Motorrikscha gemächlich die 12km bis Tapra. Es war noch ganz schön kühl, und es wehte ein eisiger Wind. Bald würde die Sonne alles aufheizen. In Tapra eilten wir erst einmal zu Acharya Mahashraman. Dort drängten sich wie üblich seine Anhänger, doch er schenkte jedem sein ganz persönliches, warmherziges Lächeln. An uns erinnerte er sich und nannte uns beim Namen. Für 16:00h am Nachmittag desselben Tages erhielten wir auf Swami Dharmanandas Initiative hin Zeit für ein längeres Gespräch. Die Mönche in seiner unmittelbaren Umgebung regeln das sehr ausgewogen, jeder wird berücksichtigt. Vor lauter Freude über die Begegnung hatten wir beide keine Fotos gemacht. Es war aber auch alles sehr schnell gegangen, und wir waren schon wieder auf der Straße, als wir uns gegenseitig danach fragten.
Swami Dharmananda kennt das Wetter in Rajasthan so gut, dass er im windigen Taxi sogleich eine Pudelmütze zur Hand hatte.
Ein bisschen übermüdet, aber am Ziel. Swami Dharmanandas Schal tat gute Dienste.
Fröhlich machten wir uns auf Weg zum Terapanth Zentrum, wenige Häuser weiter. Überhaupt war Tapra sehr übersichtlich. Aus Platzmangel konnte nur eine kleine provisorische Siedlung in der Nähe des Versammlungszeltes für Besucher errichtet werden, doch es war abzuschätzen, dass die Unterkunftmöglichkeiten hier begrenzt waren. Daher waren wir keineswegs die Ersten, die zu so früher Stunde ein Anliegen hatten. Die freiwilligen Helfer aus Tapra taten ihr Bestes, alle zufriedenzustellen. Bewundernswert, was sie schon auf die Beine gestellt hatten. Swami Dharmananda erhielt die Adresse unserer Unterkunft in Balotra, und flugs ging es mit einer Motorrikscha dorthin zurück.
Wohltuende Aussichten!
Duschen, ausstrecken, ruhen! Mehr fiel uns bei diesem Anblick erst einmal nicht ein. Der zweite Gedanke galt den Dingen, die noch besorgt werden mussten, unbedingt Toilettenpapier. Das fiel mir beim Anblick der sanitären Einrichtungen ein, die wir hier nicht weiter kommentieren. Zum Mittagessen sollten wir wieder in Tapra sein. Also hinaus in den frischen Morgen von Balotra, sagten sich Swami Dharmananda und ich. Christian Geerdes kümmerte sich inzwischen um die Akkus der Kameraausrüstungen.
Die Kühe verdauten ihr Frühstück, und die Markthändler warteten auf Kundschaft.
Auch in der kalten Jahreszeit (hier sagt man tatsächlich Winter!) sind alle schon früh auf den Beinen.
Oh, was für eine Überraschung, Touristen, Willkommen! Doch wozu sind die Peperoni an der Lampe gut? Jedenfalls ein schönes Farbspiel.
Kaum näherten wir uns diesem Laden, kamen alle Mitarbeiter heraus für ein Foto und baten darum, dass wir uns das Geschäft auch einmal von innen ansehen.
Nicht nur von außen, auch innen ist dieser Supermarkt sehr ansehnlich. Hier die gut sortierte Haushaltwarenabteilung von Madjan.
Auch Grundnahrungsmittel wie getrocknete Hülsenfrüchte sind übersichtlich und in reicher Auswahl vorhanden.
Geschäftsführer Panwar Naresh (l), Kemrag (M) und Vikran (r) an ihrem hellen und freundlichen Arbeitsplatz, dem Saheli Apne Bazar.
Der Saheli Apne Bazar in Balotra ist einer der von der NGO (Nicht-Regierungsorganisation) „Ladies Cooperative Society Maharani Lakshmi Bhai“ (in etwa: Genossenschaftlich organisierte Frauen der Maharani Lakshmi Schwesternschaft) betriebenen Supermärkte. Diese NGO setzt sich für die Förderung und Ausbildung von Frauen in Indien ein. Alle im Supermarkt erzielten Erträge gehen an die NGO, bei der alle Supermarktmitarbeiter auch angestellt sind. Benannt hat sich die NGO nach der in Indien sehr berühmten Shrimant Akhand Soubhagyavati Maharani Lakshmi Devi Bai Sahiba of Dhar (India), kurz Maharani Lakshmi Bai, die auch in der Liste „Women in Power 1900-1940“ aufgeführt ist und 1926-31 einen führenden Verwaltungsposten in dem Fürstenstaat Dhar in Zentralindien, heutige Region Malwa des Bundesstaates Madhya Pradesh, innehatte. Nach ihr sind viele Bildungseinrichtungen und Ausbildungsinstitute für Frauen in Indien benannt worden. Auf meine Frage, warum dann hier keine Frauen arbeiten, erhielt ich zur Antwort: „Die Frauen hier arbeiten nicht, die sind alle zu Hause.“ Allerdings gab es auch hier kein Toilettenpapier. Swami Dharmananda und die Mitarbeiter des Supermarktes meinten, dass es in der ganzen Stadt keines gäbe. OK, dann eben Servietten. Die hatten sie.
Halt! Bitte mach‘ ein Foto von mir.
Kurz nachdem wir mit unseren Einkäufen auf die Straße traten, stoppte ein Junge sein Fahrrad genau vor meinen Füßen und zeigte auf meine Kamera. Bitte erinnere dich an mich in meinen neuen Hosen und daran, dass wir uns an diesem Morgen in meiner Heimatstadt Balotra getroffen haben, war in etwa seiner Körpersprache zu entnehmen. Reden konnten wir nicht miteinander, wir hatten keine gemeinsame Sprache. Doch nach der Aufnahme, die er im Display auch sehen wollte, stieg er zufrieden wieder auf sein Rad und fuhr weiter.
Is was?
Diese Kuh war der Anlass für die lauten Rufe, die meine Aufmerksamkeit erregt hatten. Sie war vorher geradewegs auf die Kohlköpfe und das andere Gemüse zugelaufen, doch die aufmerksame Marktfrau hatte ihre Absicht rechtzeitig erkannt und sie mit lauten Rufen vertrieben. Die Kuh wirkte, als könne sie kein Wässerlein trüben, gleichmütig zog sie ihres Weges.
Dieser Bonbonverkäufer strahlt alle an!
Nebenan betreibt sein Bruder einen Teestand.
Für ein Foto lächeln sie gemeinsam in die Kamera.
Bitte schnell auch ein Foto von mir.
In dem breiten Sortiment fand Swami Dharmananda, was er suchte.
Der Eingang zum Oshwal Bhawan, in dem wir Unterkunft gefunden hatten.
Die Menschen auf der Straße waren sehr freundlich, und wir hätten noch lange gemeinsam durch die Stadt gehen und nette Menschen treffen können. Doch unsere Müdigkeit sprach dagegen. Zur Mittagszeit wurden wir in Tapra erwartet, und bis dahin wollten wir uns ausruhen, waschen und umziehen. Sogar heißes Wasser war uns versprochen worden. Ein Labsal nach einer Nacht im Zug.