Karma: Der Mechanismus: Tattvarthasutra 8.02

Autor*in:  Image of Hermann KuhnHermann Kuhn
Veröffentlicht: 28.03.2014

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Sakasayatajjivah karmano yogyanpudgalanadatte sa bandah (2)

Durch Leidenschaften (Ärger, Stolz, Falschheit und Gier) zieht jiva - Bewußtsein - subtile Materie an sich, die die Eigenschaft hat, karmische Mechanismen in sein Bewußtsein einzubinden. Dieser Vorgang wird 'Bindung1 (bandha) genannt. (2)


Der Sutratext macht deutlich, daß Karma eine Art (subtiler) Materie ist und keine unzugängliche, mystische Kraft, denen ein Lebewesen - jiva - auf unerklärliche Weise ausgeliefert ist. Karma ist eine materielle Komponente, die sich von der ureigenen Natur des jiva - Bewußtsein - grundlegend unterscheidet.

Durch Aktivität kommt jiva mit dieser überall im Kosmos vorhandenen subtilen karmischen Materie in Kontakt. Karmische Materie ist der Träger, durch den die Aktivität des jiva (Bewußtsein) im Kontext dieses Universums überhaupt erst möglich wird.

  • Aktivität (yoga) stellt dabei den Kontakt zwischen jiva und der karmischen Materie her.
  • Unwissenheit, Irrtum, Skepsis etc. verursachen eine Bindung an diese Art subtiler Materie.
  • Das emotionale Engagement (die Leidenschaft), mit der jiva seine Wünsche verfolgt, bestimmt Stärke und Dauer der Bindung.[5]

Die Menge, Funktion und Stärke von Karma wird dadurch erfaßbar und kann - so es gewünscht wird - bei Anwendung entsprechender Methoden vom Bewußtsein auch wieder getrennt werden.

Durch das Ausleben der Leidenschaften haftet sich ein jiva emotional an genau die Vorgänge, Dinge oder Lebewesen, auf die er seine Leidenschaften richtet. Die Leidenschaften sind dabei das Bindemittel, durch das jiva einen (seiner ureigenen Natur nach fremden) subtilen Materietyp an sich kettet. Dieser subtile Materietyp verfügt selbst nicht über Bewußtsein, hat aber die Eigenschaft, karmische Mechanismen in jiva hervorzurufen.

Obwohl sich dieser Vorgang auf einer unseren fünf Sinnen nicht unmittelbar zugänglichen Ebene abspielt, läßt er sich leicht durch Abläufe beispielhaft darstellen, die wir im täglichen Leben beobachten können.

So kreiert z.B. der (starke) Wissensdurst eines Menschen einen Sog für all die Informationen, nach deren Kenntnis er strebt. Sein Wissensdurst wirkt dabei wie ein Magnet, der das gewünschte Wissen anzieht. Dabei läßt sich oft beobachten, daß Freunde, Mitarbeiter, aber auch völlig Fremde Informationen sammeln und dem Auslöser diese Soges zutragen, obwohl er sie nie direkt danach gefragt hat. Auf den karmischen Bindungsmechanismus übertragen, wäre in diesem Beispiel der Wissensdurst den Leidenschaften gleichzusetzen, die erhaltenen Informationen entsprächen der angezogenen karmischen Materie, während der Sog die magnetische Kraft darstellt, die diese beiden Komponenten miteinander verbindet.

Zu allem, was in uns leidenschaftliche Emotionen hervorruft, haben wir eine starke inhaltliche Beziehung. Daß wir unerwünschte Inhalte dabei negativ interpretieren, (d.h. sie nicht mehr konfrontieren wollen,) hat für den ablaufenden karmischen Mechanismus nur untergeordnete Bedeutung. Solange eine emotionale Bindung - egal ob positiv oder negativ - nicht vollständig zu einem Abschluß gebracht ist (d.h. solange die entsprechende karmische Bindung nicht vollständig aufgelöst ist), kann eine Konfrontation damit immer noch weitere leidenschaftliche Reaktionen auslösen. Diese (erneuten) emotionalen Reaktionen aber ketten uns (karmisch) aufs neue an all die Vorgänge, Dinge oder Personen, mit denen wir eigentlich nicht mehr konfrontiert werden wollten. Es ist unser eigenes leidenschaftliches Engagement, das immer wieder neue karmische Materie der gleichen Art anzieht.

Wesentlich ist bei diesem Mechanismus das Verständnis, daß es keinen Zweck hat, aufkommende Leidenschaften zu unterdrücken oder zu ignorieren. Da es - solange karmische Materie aktiv ist - nicht gelingen kann, an einem Problem psychisch unbeteiligt zu sein, wird es durch Unterdrücken im besten Fall nur auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Im schlechtesten Fall verursacht die langfristige Unterdrückung von Problemen oft sogar schwere psychische und gesundheitliche Schäden. Wenn also eine erneute Bindung an Karma der gleichen Art nicht gewünscht ist, sollten die eigenen emotionalen Reaktionen distanziert betrachtet, deren Ursache festgestellt und
Schritte unternommen werden[6], die diese Bindung grundlegend auflösen.

Das Wort sa im Sanskrittext des Sutra zeigt an, daß dies die einzige Bindung des jiva an karmische Materie ist. Jede anders geartete Bindung ist damit ausgeschlossen.

Fußnoten
5:

Zum Vorkommen im Text springen

6:

Zum Vorkommen im Text springen

Quellen
Titel: Karma: Der Mechanismus Ausgabe: 1998 Verlag: Crosswind Publishing, 31505 Wunstorf ISBN: 3-9806211-9-7 HN4U Online Edition: 2014

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